Marion Reichert at Universidad de Leon, Spain
Mein Auslandssemester SS 2012 in LEÓN, Spanien
Nachdem ich alle Spanischkurse belegt hatte, die es am Campus gab und immer noch nicht das Gefühl hatte, ich könnte Spanischkenntnisse ernsthaft in meinem Lebenslauf für zukünftige Bewerbungen erwähnen, beschloss ich, dass ich mein geplantes Auslandssemester in Spanien verbringen wollte. Dank der Unterstützung von Frau Neukirchen und dem Team Sprachen/Internationales bekam ich einen ERASMUS-Platz an der „universidad de Leó“n.
Ich hatte mich für León in Nordspanien auf dem Jakobsweg entschieden, weil es eine Region mit fast akzentfreiem Spanisch ist und auch klimatisch nicht zu unterschiedlich von der Heimat. León entpuppte sich als kleine aber sehr schöne Stadt umgeben von Bergen und zwei Flüssen mit einer beeindruckenden weltweitbekannten Kathedrale und einer schönen historischen Altstadt. Die Uni liegt etwas außerhalb aber selbst zu Fuß ist alles in León in 20-30min zu erreichen. Die Uni hat eine super Infrastruktur, die über WLAN, ausleihbare Netbooks, mehreren Bibliotheken, Cafeterien bis hin zu einem Fahrradverleih und Sporteinrichtungen alles bietet was Student braucht. So konnten wir die Sporthalle und das Beachvolleyballfeld mit Freunden mieten für 1€ die Stunde und ich hatte 5 Monate lang ein Fahrrad, welches ich lediglich alle 2 Wochen einmal mit meinem Studentenausweis verlängern musste. Eine Wohnung war Dank einer Liste des International Office und vielen Aushängen an der Uni leicht zu finden und die Miete im Vergleich zu Deutschland günstig. Ich hatte das Glück mit 2 Spaniern zusammen zu wohnen, die mich sehr unterstützt haben, vor allem dadurch, dass sie mich korrigierten. Leider konnte ich am Intensivkurs vor semesterbeginn nicht teilnehmen, da er mit meinen Klausuren in Remagen kollidierte, so entschloss ich mich studienbegleitend einen Sprachkurs zu belegen. Dank des Tipps meines Paten, der mir durch die Uni schon im vorhinein vermittelt wurde und der mir vor allem in der ersten Woche sehr geholfen hat mich zurecht zu finden, einen Handyvertrag anzuschließen und mich in einer Pilgerherberge zur Wohnungssuche günstig unterbrachte, besuchte ich im Vergleich zu allen anderen Austauschstudenten nicht das „centro de idiomas“ der Uni sondern die „escuela de idiomas“ der Stadt León, wo auch die Spanier englisch, deutsch etc lernen und mehrere Kurse Spanisch für Ausländer angeboten wurden. Hier waren die Gruppen kleiner und der Kurs billiger und unterhaltsamer als der der Uni, aber leider konnte mir dieser Kurs nicht mit ECTS-Punkten anerkannt werden. Meine Kurswahl, die ich schon in Deutschland getroffen hatte musste ich in meiner ersten Woche direkt über den Haufen werfen und alles neuwählen, da ich mehrere Fakultäten (economia und Sport) besuchen wollte, damit die Kurse zu meinem Sportmanagementstudium passen, denn dieses gibt es in Spanien nicht. Im Allgemeinen waren meine Kurse abwechslungsreich und haben meine Spanischkenntnisse stark verbessert, meine sonstigen Kenntnisse allerdings nicht so sehr, da ich alles was wir gemacht haben schon kannte, schließlich war dies mein letztes Semester. Anfangs verstand ich in den Vorlesungen fast gar nichts, da die Professoren ihre Vorlesungen ganz normal auf spanisch halten und auch die Präsentationen nicht gerade vorbildlich waren, doch nach und nach wurde es immer besser. Da hat meine Anwesenheit in den Kursen für die ich in der Tat von vielen anderen Austauschstudenten belächelt wurde, doch was gebracht. Auch Hausarbeiten, Präsentationen und Klausuren habe ich mit viel Nervosität und der Hilfe meiner spanischen Teamkollegen gut gemeistert.
Mit den Spaniern im Norden ist es generell nicht so einfach Kontakt aufzunehmen, sie bleiben wie wir in Deutschland auch viel unter sich und man muss selber auf sie zugehen, aber dann sind alle sehr hilfsbereit und freundlich, leider ging es über Gruppenarbeiten in der Vorlesung meist nicht hinaus. In der Freizeit stand die „familia ERASMUS“ an erster Stelle, wobei zu erwähnen ist, dass über die Hälfte der Austauschstudenten gar nicht ERASMUS sondern mit anderen Austauschprogrammen, in erster Linie aus Südamerika, kamen. So gab es viele hispano-hablantes und meistens war Spanisch Kommunikationssprache. Natürlich gab es einige Grüppchen bei denen doch Englisch dominierte, aber von denen habe ich mich meist ferngehalten, schließlich wollte ich in Spanien auch Spanisch sprechen und das hat im Endeffekt sehr sehr gut funktioniert. Die „familia Erasmus“ wurde von AEGEE einer Organisation für Kommunikation und Integration zusammengehalten, die viele Partys, reisen, Ausflüge und Sportveranstaltungen vor allem für die Austauschstudenten angeboten haben. Dadurch lernte man sehr schnell sehr viele Leute kennen und auch schätzen. Jedes Wochenende bin ich mit Freunden gereist, meist mit den öffentlichen Autobussen von ALSA und habe so ganz Nordspanien entdecken können. Landschaftlich hat mich dieser Teil Spaniens sehr beeindruckt, denn er ist überhaupt nicht mit dem zu vergleichen, was man so von Costa Brava Urlauben kennt- viel grüner und schöner!
Natürlich kommt auch in León das Nachtleben nicht zu kurz, León ist zwar klein aber hat es faustdick hinter den Ohren… Berühmt berüchtigt ist das barrio humedo (feuchtes Viertel), dessen offizieller Name tatsächlich der Menge von Restaurants, Kneipen, Bars und kleinen Clubs zuzuschreiben ist. Genauso bekannt ist die Tapas-Kultur in León. León ist die einzige Stadt in der es Tapas (Kleinigkeiten zu essen) umsonst zu einem Getränk dazu gibt. Vielleicht ist es auch diesem Highlight zuzuschreiben, dass die Menschen viel öffentlicher leben, man trifft sich draußen, in Parks und Bars. Auf den Spielplätzen sieht man alle Generationen und am Sonntag geht die Familie zusammen spazieren.
Meine beste Erfahrung ist dieser andere Lebensstil, diese Kleinigkeiten die anders sind – einfach zu wissen, wie es ist in einem anderen Land zu leben und zum zweiten Menschen aus der ganzen Welt zu treffen, eine schöne Zeit miteinander zu verbringen und seinen Horizont zu öffnen und zum dritten die Fußball-EM 2012 die alle Nationen noch näher zusammengebracht hat und schließlich den Europameister in seinem eigenen Land zu feiern. Meine schlechteste Erfahrung war leider die Lehre an der Universität, vielleicht habe ich auch die falschen Kurse gewählt, aber außer spanisch habe ich nichts gelernt. Generell habe ich mein Ziel erreicht: nach 5 Monaten in León kann ich gute Spanischkenntnisse auf meinem Lebenslauf vermerken; zusätzlich habe ich eine schöne Zeit, in einem schönen Land mit tollen Menschen aus aller Welt verbracht und würde jedem empfehlen diese Erfahrung zu machen!
Marion Reichert