Pravin Pappachan at Universitat Jaume I Castellon, Spain
Die Universität
Die Universität Jaume Primer I ist nach dem König und Eroberer benannt, der die heutige Comunidad Valenciana, zu der Castellon de la Plana gehört, Anfang des 13. Jahrhunderts von den Mauren zurückeroberte. Sie wurde im Jahre 1991 gegründet und bietet 28 verschiedene akademische Abschlüsse in 4 Fakultäten an. Es studieren hier zwischen 12.000 und 13.000 Studenten und der Campus besteht aus 14 Hauptgebäuden.
Die Universität liegt etwa 4 km vom Stadtzentrum entfernt und ist sowohl zu Fuß als auch mit dem Fahrrad oder mit dem Bus sehr gut zu erreichen. Die Ausstattung ist sehr modern und vor allem die 3 stöckige Bibliothek und die riesigen Rechnerpools sind sehr beeindruckend.
In der Mitte des Campus gibt es eine Parkanlage mit Springbrunnen und Kiosken und am zentralen Hof, an dem sich die Bushaltestelle befindet, gibt es verschiedene Geschäfte, wie z.B. eine universitätseigene Filiale einer lokalen Bank, einen Friseur, einen Schreibwarenladen, einen Optiker, einen Mobilfunkladen und vieles mehr.
Jede Fakultät verfügt über ihre eigene Mensa und es gibt eine Ambulanz für Notfälle. Das Sportangebot ist ebenfalls riesig und es werden jedes Jahr 36 verschiedene Sportarten angeboten. Die Uni verfügt über eigene Sporteinrichtungen für Indoor- und Outdooraktivitäten.
Kurse an der Universität
Als Erasmusstudent steht einem die Wahl von Kursen aus dem gesamten Studienangebot der Universität frei. Man sollte sich zunächst selbst fragen, was das eigentliche Ziel, dass man mit dem Auslandssemester anstrebt. Wenn man zu seinem Studiengang passende Kurse findet, dann sollte man diese belegen. In meinem Falle gab es keine Spezialisierungsfächer im Bereich Logistik und ich bin fast scheinfrei ins Auslandssemester gegangen, sodass ich 2 Sprachkurse belegte und 3 weitere Kurse, die mich inhaltlich interessierten und von denen ich glaubte, dass sie meine Sprachkenntnisse verbessern würden. In jedem Falle sollte man aber das "Learning Agreement" vor und während des Semesters mit seinem Betreuer absprechen.
Bei meinen Kursen handelte es sich um einen Geschichtskurs, der die Evolution Spaniens von einer Republik zu einer Demokratie zum Inhalt hatte, um einen Wirtschaftsgeographiekurs und einen Volkswirtschaftskurs mit dem Schwerpunkt "europäische Union." Alle Kurse waren sehr lehrreich und vor allen Dingen die Sprachkurse haben mir sehr gut gefallen. Im Laufe des Semesters habe ich alle Professoren der Sprachkurse, es sind drei, kennengelernt und war sehr begeistert vom Unterricht. Auch wenn man hier mit geringen Spanischkenntnissen einsteigen und überleben kann, empfiehlt es sich auf jeden Fall, so viel Spanischunterricht wie möglich im Vorfeld zu haben, da es schon ein bisschen was anderes ist, als wenn man in ein englischsprachiges Land geht.
Integration und Kontakt zu Studierenden
Der Kontakt zu anderen Austauschsstudenten aus Europa und Amerika ist zum einen durch die Sprachkurse und zum anderen durch die zahlreichen Veranstaltungen, die von den Studentenwerken AEGEE und OCIE organisiert werden, gewährleistet.
Einheimische Studenten lernt man auf dem Campus kennen. Die Spanier sind sehr kontaktfreudig und unterhalten sich gerne, sodass man, wenn man nicht allzu schüchtern ist, schon bald viele Studenten kennenlernt. Ich persönlich finde man sollte darauf achten, dass man nicht gleich zu Anfang in einer Gruppe auftritt. Deshalb sollte man möglichst alleine ins Ausslandssemester gehen und nicht mit langjährigen Bekanntschaften aus der eigenen Universität oder der eigenen Stadt.
Genauso sollte man es vermeiden, gezielt andere deutsche Studenten zu suchen. Wenn die verschiedenen Gruppen von Studenten aus verschiedenen Ländern unter sich bleiben, geht viel von der "interkullturen Erfahrung" verloren, um die es ja eigentlich hauptsächlich geht.
Wohnungssuche
Auf der Internetseite der Universität findet man einen Wohnungsmarkt mit einer sehr nützlichen Suchmaschine, mit der man Wohnungen nach Kriterien wie Preis, Ausstattung und Zusatzleistungen filtern kann. Das OCIE, das Büro für internationale Angelegenheiten, hilft den Austauschstudenten beim Vereinbaren von Besichtigungsterminen und Telefonaten.
Kulturelle Unterschiede und Eindruck von Land und Leuten
Was mir bereits am ersten Tag auffiel war, dass die Menschen in Castellón sehr gesprächig sind. Ich wurde sofort an der Bushaltestelle angesprochen und gefragt, ob der Bus schon vorbeigefahren war. Das kommt zwar so auch in Deutschland hin und wieder vor, allerdings entwickeln sich daraus dann keine längeren Gespräche. Ich hatte sehr oft Unterhaltungen mit wildfremden Menschen in Situationen, in denen man sich in Deutschland nicht unbedingt unterhält, wie z.B während Bus- und Bahnfahrten, im Supermarkt mit Angestellten und anderen Kunden, während der Wartezeit beim Friseur oder in Restaurants.
Die Spanier feiern außerdem gerne und die Nächte sind lang, unter Umständen auch unter der Woche. So sollte man sich nicht wundern, wenn man auch mal nach Mitternacht laute Musik und Gespräche von den Nachbarn hört. Besonders beliebt bei feierlichen Anlässen sind die sogenannten Mascletas. Das sind Feuerwerkskörper, die wegen ihrer Lautstärke in Deutschland garantiert verboten wären und in Castellón auch zu "kleineren Anlässen" wie Hochzeiten oder Erstkommunionen gezündet werden. Die Spanier sind im Vergleich zu den Deutschen schon ziemlich lärmresistent.
Die Pünktlichkeit wird nicht so genau genommen wie in Deutschland und ist teilweise schon ein stückweit normal verspätet zu sein und kein Grund zum Ärger.
Ein weiterer Aspekt, an den man sich gewöhnen muss, sind die Essgewohnheiten der Spanier. So sind es 5 anstatt 3 Mahlzeiten am Tag und das Frühstück fällt spärlich aus während das Abendessen sehr mächtig ist und erst frühestens um 22 Uhr zu sich genommen wird.
Freizeitgestaltung
Es gibt viele öffentliche Sportanlagen in der Stadt und die Umgebung bietet sehr viele Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Man kann Wanderungen in den Bergen von Benicassim unternehmen, an die Strände fahren, Tagestrips nach Valencia unternehmen und und und...
Das Stadion des FC Villareal, einem Verein der 1.Fußball Liga Spaniens, ist ganz in der Nähe und man kann als Student günstig Tickets in der Universität erwerben.
Kulturell bietet die Region auch vieles. In Valencia gibt es beispielsweise die Cuidad de las Sciencias y Artes. Das ist ein Stadtteil mit vielen Museen und futuristischer Architekur, den man unbedingt besuchen sollte.
Was Bars und Diskotheken anbetrifft, kommt man in Castellon auch nicht zu kurz. Der Eintritt in vielen Discos ist frei. Man geht im Gegensatz zu Deutschland allerdings erst gegen 2 Uhr Nachts auf eine Party.
Reisen
Reisen für Austauschstudenten, beispielsweise nach Barcelona, Madrid oder Granada, sowie kleinere Exkursionen in nahe gelegene Orte werden von der Universität organisiert und die Preise für die Teilnahme sind fair. Des Weiteren kann man in Spanien sehr günstig Autos mieten (es gibt Angebote für 50 Euro die Woche) und selber das Land erkunden.
Kosten
Die Lebens- und Unterhaltskosten sind in Castellón de la Plana vergleichbar mit denen in Bonn, ich habe kaum einen Unterschied bemerkt. Das liegt daran, dass die Comunidad Valencia zu den wirtschaftlich stärksten Regionen Spaniens gehört.
Ich habe für mein WG-Zimmer 160 Euro im Monat bezahlt und alle 6 Wochen kamen Nebenkosten für Strom und Wasser in Höhe von rund 20 Euro hinzu. Die einzigen Kosten die wesentlich geringer im Vergleich zu Deutschland sind, sind die für die öffentlichen Verkehrsmittel. Ein Ticket von Castellón nach Valencia mit der RenFe (das ist das spanische Pendant zur DB) kostet 4 Euro. In Deutschland würde man für dieselbe Strecke das Doppelte bezahlen.
Unterstützung durch Stipendien
Das Geld, das man vom Erasmusprogramm bekommt sollte für die Miete reichen, denn man findet Wg-Zimmer zwischen 100 und 180 Euro. Die Tatsache, dass man Studiengebühren an der Universitat Jaume I einspart, ist ein weiterer Vorteil, denn das Studieren ist dort normalerweise sehr teuer. Wenn man Auslandsbafög bekommen kann, sollte man es auf jeden Fall rechtzeitig sechs Monate vorher beantragen.
Fazit
Ich bin mit meinem Ausslandssemester in Castellón voll und ganz zufrieden und bin der festen Überzeugung, dass es die richtige Entscheidung war, es dort zu absolvieren. Die Infrastrukturen der Universitat Jaume I sind sehr modern und als Austauschstudent wird man herzlich aufgenommen und zu 100% bei allen Problemen unterstützt.
Es wird den Austauschstudenten von Seiten der Uni sehr viel geboten und das sollte man unbedingt ausnutzen. Ich persönlich habe im Laufe des Semesters die Sprache sehr gut erlernt, viel über die Kultur und Lebensweise der Menschen in der Region Valencia gelernt und auf der anderen Seite auch Dinge an Deutschland zu schätzen gelernt, die ich vorher als selbstverständlich angesehen habe.
Man bekommt durch einen Auslandsaufenthalt eine neue Sichtweise in Bezug auf die eigene Person, auf die Gesellschaft und auf die kulturelle Vielfalt unserer Welt. Es ist eine bereichernde Erfahrung, deren Wirkung man nur schwer in Worte fassen kann.
Pravin Pappachan