Christian Philipp at the Bennett Health Care Centre in Georgetown, Canada
Persönliche Aspekte
Stellensuche
Die Stellensuche für einen Praktikumsplatz in Kanada erweist sich als nicht einfach. Zum einen sind Praktikumsplätze in Kanada sehr selten und daher auch sehr begehrt. Wenn man zur falschen Zeit sucht (z.B. in den Sommermonaten) kann es gut möglich sein, dass Studenten oder sogar Schüler der High School alle möglichen Plätze belegt haben.
Zudem zahlen viele Unternehmen keine Praktikumsvergütung. Ich hatte jedoch das Glück, einen Job in der Verwaltung eines Pflegeheims zu erhalten.
Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen
Aufgrund eines vorherigen Praktikums bei einem anderen Altenheim in Georgetown, war mir die aktuelle Einrichtung schon länger bekannt. Wie in Kanada üblich bewirbt man sich nicht schriftlich, es sei denn es handelt sich um eine Stellenausschreibung. Es ist üblich, dass man sich persönlich vorstellt. Der Bewerber gibt seine Bewerbung, eher gesagt seinen Lebenslauf bei der jeweiligen Stelle ab und man erhält innerhalb von wenigen Tagen eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch oder keine Antwort, was einer Absage gleichzusetzen ist. Da ich mit den kanadischen Be-werbungsvorgängen schon vertraut war gab ich meine Bewerbung im nordamerikanischen Stil mit meinem Empfehlungsschreiben meiner vorherigen kanadischen Praktikumsstelle ab. Schon 2 Tage später wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen und mir wurde ein Praktikumsplatz zugesagt.
Weitere Details über den Ablauf des Praktikums sollte ich bei meinem nächsten Besuch in Kanada im Vorfeld des Praktikums erfahren. Bei diesem Besuch wurde mir vom Verwaltungschef des Bennett Health Care Centre Mark Ewer ein vorläufiger Ablaufplan vorgelegt. Des Weiteren wurde mein Praktikumsvertrag unterschrieben und ich durfte schon vor Beginn meines Praktikums bei einer Feueralarmübung mit agieren. Die Eindrücke vom ersten Gespräch bis hin zur Vertragsunterzeichnung waren bis dato absolut positiv. Nun konnten also die Vorbereitungen beginnen.
Visum
Wenn man in Kanada arbeiten möchte benötigt man eine Arbeitserlaubnis. Um diese zu erhalten gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann man unter dem Programm für Jugendmobilität als Praktikant mit einem “Working Holiday Visa” einreisen, zum anderen mit einem “Internship Visa”, einem sogenannten Praktikumsvisa. Beide Visa sind jeweils ein Jahr gültig. Man darf in fast allen Berufsbereichen arbeiten, es sei denn man möchte im Bereich der aktiven Gesundheitspflege oder Kinderbetreuung tätig sein. Jedes der beiden Visa darf nur einmal beantragt werden.
Da ich bei meinem letzten Praktikum schon für ein “Internship Visa” beworben hatte, war das “Working Holiday Visa” die einzige Möglichkeit für mich eine Ar-beitserlaubnis in Kanada zu erhalten. Der Antrag erfolgt online. Das einzige was man tun muss ist den Antrag ausfüllen, ein polizeiliches Führungszeugnis, Kopie des Reisepass, 2 Passfotos sowie eine Quittung für die Überweisung der Bearbeitungsgebühr beifügen und man erhält innerhalb von 3-4 Wochen seine Arbeitserlaubnis um in Kanada ein Jahr arbeiten zu dürfen.
Krankenversicherung
Um auch in Kanada für den Fall eines Krankheitsfalls oder eines Unfalls versichert zu sein, sollte man sich vor der Abreise um eine Auslandskrankenversicherung kümmern. Ich habe diese über mein Haftpflichtversicherungsunter-nehmen abgeschlossen.
Wenn man ein Praktikum plant, dass 6 Monate oder mehr beträgt hat man in der kanadischen Provinz Ontario das Recht auf “OHIP (Ontario Health Insurance Plan)”. Die Krankenversicherung in Ontario finanziert sich durch Steuergelder. Als Praktikant kann man 3 Monate nach Praktikumsbeginn einen kostenlosen Antrag auf eine OHIP Krankenversicherung stellen. Das einzige das man dafür tun muss ist den Reisepass und eine Praktikumsbestätigung, die ein mind. 6 monatiges Praktikum beglaubigt, vorzulegen. Da mein Praktikum leider nur 5 Monate betrug kam dies für mich nicht in Frage.
Toronto
Viele Menschen in Kanada haben einen Immigrationshintergund. Sie stammen von Großbritannien, Indien, Pakistan, Philippinen oder anderen zahlreichen Ländern. Dies merkt man besonders in Toronto. Hier trifft man auf so viele verschiedene Kulturen, wie kaum in einer anderen Stadt Kanadas. Toronto ist die größte Stadt Kanadas und außerdem auch die am schnellsten wachsende Metropolregion Nordamerikas. Es ist eine der wichtigsten Städte des Landes, da es auch durch ihre Eigenschaft die Grenzmetropole zu dem Nachbarland USA zu sein besonders hervortritt. Sie ist Hauptstadt der Provinz Ontario und ist das Zentrum des kanadischen Finanz- und Bankenwesens. Dies wird besonders merkbar, wenn man am Tag durch die "Straßenschluchten" läuft.
Wohnungssuche
Ich hatte den großen Vorteil aufgrund privater Beziehungen eine kostenlose Unterkunft in unmittelbarere Nähe meines Praktikumsplatzes zu erhalten. Hätte ich dies nicht, wäre dies auch kein großes Problem gewesen. Man sollte sich vorher über naheliegende Hochschulstädte informieren und die Hochschulen kontaktieren. Diese geben sehr oft Informationen über andere Studenten, die nach Mitbewohnern suchen.
Verkehrssystem
In Toronto gibt es verschiedene Arten von öffentlichen Verkehrsmitteln. Bus, U-Bahn, Straßenbahn und Zug. Mit Straßenbahn, U-Bahn und Bus kann man fast jeden Ort im Stadtzentrum und im näheren Umkreis erreichen. Möchte man etwas weiter hinaus um die Nachbarstädte zu erkunden, nimmt man entweder den Zug oder ebenfalls den Bus.
Jedoch sollte man sich vorher erkunden, wo die Praktikumsstelle positioniert ist. In meinem Fall war die Praktikumsstelle in Georgetown. Georgetown besitzt außer einem Bus und Zug der 5-mal in der Stadt an bestimmten Haltestellen hält, keine anderen öffentlichen Verkehrsmittel. Unter Umständen, wenn man in Toronto seine Unterkunft hat und kein Auto zur Verfügung steht kann es bis zu 2-3 Stunden dauern, bis man sein Ziel erreicht.
Sprache
In Kanada wird in allen Provinzen (mit Ausnahme von Quebec) Englisch ge-sprochen. Jedoch wird mehr American English als, das in deutschen Schule unterrichtete, British oder Oxford English gesprochen. Kanada ist eine ehemalige Kolonie und ab und an findet man immer noch Leute, die aufgrund ihrer Vorfahren den britischen Akzent pflegen und dem British English treu bleiben. Man gewöhnt sich sehr schnell daran, das Englisch hier zu verstehen und zu sprechen. Für jemanden, der vorher noch nie in einem englischsprachigen Land war ist es allerdings am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig.
Kulturelle Aspekte
Die Kanadier und im speziellen die Menschen in Toronto, die ich näher kennenlernen durfte sind immer sehr freundlich und hilfsbereit. Jeder Fremde auf der Straße grüßt dich mit den Worten “Hi, how are you?” So ist es auch kein Problem am Anfang etwas verloren mit einer Straßenkarte dazu stehen und nicht zu wissen wohin. Es findet sich immer jemand, der sich hilfsbereit zeigt und versucht dir zu helfen.
Meine Arbeitskollegen waren ebenfalls sehr hilfsbereit und haben mir alle möglichen Orte genannt wo man neue Leute kennen lernen und in guter Atmosphäre mit anderen Leuten meines Alters unterhalten kann.
Im Grunde sind Kanadier sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, allerdings dauert es auch eine gewisse Zeit bis sie richtig “warm” mit dir werden und sich eine richtige Freundschaft entwickeln kann.
Allerdings lief die Integration in dem Unternehmen nach kurzer Eingewöh-nungsphase problemlos, da die Menschen dort sehr offen und freundlich sind.
Wetter
Ich begann mein Praktikum genau mit dem Start des kanadischen Winters. Der Winter beginnt mit Ende November und endet erst Anfang April. Für diese Zeit kann ich jedem nur empfehlen, sehr dicke Kleidung mitzunehmen, da es an Spitzentagen bis zu -40°C sein kann. Die Kälte fühlt sich allerdings nicht so schlimm an wie in Deutschland, da es sich hier um eine trockene Kälte handelt. Allerdings ist der Wind an manchen Tagen sehr schmerzhaft für Gesicht und Ohren. Der richtige Schneefall beginnt meist erst kurz vor Weihnachten und endet erst im April. Im März kann es zu sehr warmen Tagen kommen, sodass man den Eindruck bekommt, dass der Winter vorüber ist. Doch schon am nächsten Tag kann die Temperatur von +14°C auf -10°C fallen und von jetzt auf gleich fallen 20 cm Schnee. Der Sommer ist hingegen die bessere Jahreszeit um mehr von der Landschaft zu sehen.
Wieder zurück
Als ich nach Deutschland zurückkehrte musste ich mich erst einmal wieder an das Leben hier gewöhnen und wieder ein bisschen von meinem neugewonnenen Lebensstil ablegen, da es hier in Deutschland doch etwas geordneter und strikter zugeht. Auch die Umstellung zurück auf die deutsche Sprache fiel mir am Anfang sehr schwer. Manchmal fielen mir nur noch englische Wörter ein und ich musste im Wörterbuch nach der deutschen Übersetzung nachschauen.
Fachliche Aspekte
Bennett Health Care Centre
Das Bennett Health Care Centre ist ein Alten- und Pflegeheim. Nach kanadi-schem Recht handelt sich bei dieser Einrichtung um eine Nonprofit Organisation. Die Einrichtung misst 66 Betten und über 40 festangestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das Bennett Health Care Centre ist in Form einer Spartenorganisation organisierst. Es steht unter der Aufsicht des “ Board of Directions”, eine Vereinigung von pensionierten Politikern, Anwälten, Ärzten und Architekten, die über die Verteilung der Gelder bestimmen. Unter ihnen steht der Verwaltungschef auf der 2. Führungsebene. In der 3. Führungsebene stehen die Pflegemanagerin, der Freizeit- und Erholungsmanager, der Finanzmanager sowie der Facility Manager.
Die Einrichtung wird über 2 Wege finanziert. Zum einen über private Beiträge, die die Bewohner monatlich entrichten müssen und zum anderen über Beiträge, die das Gesundheitsministerium von Ontario entrichtet. Dabei muss beachtet werden, dass das Ministerium für Gesundheit nicht wie in Deutschland Angelegenheit des Bundes ist sondern sich hier jede der 13 Provinzen selber im Gesundheitswesen organisiert.
Das Projekt
In den 20 Wochen meines Praktikums habe ich mich mit einer Art Qualitätsmanagementprojekt auseinandersetzten. Alten- und Pflegeheime bekommen halbjährlich einen Anforderungskatalog vom Gesundheitsministerium zugeschickt, an den sich die Einrichtung immer halten und orientieren sollte. Meine Aufgabe war es dafür zu sorgen, dass alle in diesem Katalog genannten Aspekte im Bennett Health Care Centre umgesetzt werden. So musste zum Beispiel kontrolliert werden ob die Pflegeprotokolle so angefertigt wurden, dass sie mit dem Standard des Gesundheitsministeriums übereinstimmen. Dieser Katalog bestimmt so weit wie möglich alles. Über die maximale Höhe des zu öffnenden Fensters bis hin zur Anzahl der Lichtstärke von Glühbirnen in einem Bewohnerzimmer. Die Überprüfung dieser Anforderungen erfordert eine enorme Kommunikation mit Angestellten und Managern.
Des Weiteren gehörte es zu meinem Aufgabenbereich eine Zufriedenheitsanalyse anhand eines Fragebogens von Mitarbeitern, Bewohnern sowie deren Angehörigen zu erstellen und auszuwerten um daraus Verbesserungsvorschläge herzuleiten.
Das Projekt, dass mich am längsten beschäftigte war das Qualitätsmanage-mentprojekt, in dem ich Gespräche mit Mitarbeitern führen und Arbeitsläufe in Papierform entwickeln musste. Am Abend werden viele Board of Director Mee-tings gehalten, in denen den pensionierten Politikern, Anwälten etc. eine aktuelle Wasserstandsmeldung gegeben wird, die beschreibt, was mit dem Budget unternommen wurde und welchen Fortschritt die Projekte machen.
Vergleich Erwartungen und tatsächlich Erlebtes
Bevor ich das Praktikum antrat erhoffte ich mir, das erlernte Wissen aus einigen Vorlesungen praktisch anwenden zu können. Ebenfalls erhoffte ich mir das zweitgrößte Land der Erde näher kennenzulernen und meine englisches Sprachvermögen zu verbessern.
Jetzt am Ende kann ich sagen, dass ich das Beste aus dem Praktikum gemacht habe und sehr viele Erfahrungen sammeln konnte. Des Weiteren konnte ich mein Englisch enorm verbessern. Die Kanadadier sind in mancher Hinsicht sehr europäisch aber auf der anderen Seite auch wieder den USA sehr ähnlich.
Es war sehr gut den Unterschied zwischen Theorie und Praxis kennenzulernen. Was an der FH unterrichtet wird noch lange nicht genauso umgesetzt in der Praxis. Man hört nie auf zu lernen. Selbst wenn man am Ende erfolgreich mit dem Studium abgeschlossen hat ist die Ausbildung noch nicht vorbei.
Ich studiere ein Fach, das in Kanada bisher kaum verbreitet ist. Aus diesem Grund kann ich mir gut vorstellen, dass aufgrund des demographischen Fak-tors, der in Kanada sehr ähnlich zu dem in Deutschland ist, die Nachfrage nach deutschen Absolventen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft steigen wird. Die Berufschancen sind ebenfalls sehr gut. Mir wurde ebenfalls nach Ende des Studiums eine Festanstellung in meinem Unternehmen angeboten.
Ausblick
In den vielen Wochen, die ich in Kanada verbracht habe, habe ich mich richtig in dieses Land verliebt. Ich denke ich werde hier noch sehr oft hinreisen, da es so viele Naturspektakel zu betrachten gibt und es mir leider nicht gelungen ist das zweitgrößte Land der Welt ganz zu bereisen. Das Land mit seiner Sprache, seiner Natur aber auch mit seinem ganz einfachen “Way of Life” hat mich total in seinen Bann gezogen. Seit dieser Zeit habe ich ein neues Lieblingsland.
Dieses Praktikum hat mich eindeutig darin bestätigt, dass ich nach meinem Studienabschluss im Bereich des Qualitätsmanagement oder des Personalmanagements arbeiten möchte.
Aber auch für meine Persönlichkeit war dieses Praktikum sehr hilfreich. Ich habe gelernt selbstständiger zu werden, habe mehr Selbstvertrauen erlangt und kann meine Standpunkte besser vertreten. Durch meinen Auslandsaufenthalt habe ich gelernt ein wenig offener auf andere Menschen zuzugehen und nicht immer nur die negativen Seiten zusehen.
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