Heide Boeth at Human Perfomance Lab in Calgary, Canada

Masterarbeit am Human Performance Lab in Calgary, Canada

Fachrichtung: Angewandte Physik

Vorbereitung

Meine Vorbereitungen auf die sechs Monate in Calgary, Kanada, begannen damit, mich mit dem Land zu beschäftigen. Ich habe viel im Internet gelesen, über das Volk, die Kultur, die Städte. Ich habe Reiseführer gelesen und mit jedem Tag ist die Vorfreude größer geworden, die Literatur klang so viel versprechend.
Nachdem ich die Zusage für meine Stelle in Calgary bekommen habe (durch meinen Professor), ging alles sehr schnell. Als erstes habe ich das Visum beantragt. Dies empfehle ich rechtzeitig zu tun, damit am Ende nicht gezittert werden muss. Es kann einige Wochen dauern. Für den Fall, dass während der Zeit in Kanada auch ein Ausflug in die USA geplant sein sollte, ist es sehr wichtig, einen biometrischen Reisepass zu haben. Es muss darauf geachtet werden, dass ihr Eurer Visum mit dem neuen biometrischen Reisepass beantragt.
Wichtig ist es außerdem, dass ihr eine Kreditkarte bei euch habt. Hier wird sehr häufig mit Kreditkarte gezahlt und manchmal kann man auf sie nicht verzichten. Ich habe mir ein Konto mit Kreditkarte bei der Deutschen Kreditbank online eingerichtet und das funktioniert super und ist kostenfrei.
Des Weiteren habe ich ein Konto bei der Deutschen Bank eingerichtet, weil es damit möglich ist, bei der Scotiabank in Kanada kostenlos Geld abzuheben. Dies ist auch sehr hilfreich und die Bank ist hier zahlreich vertreten.
Ein sehr wichtiger Punkt ist, eine gute Versicherung im Voraus abzuschließen. Wenn man in die Lage kommt, das Krankenhaus oder einen Arzt aufsuchen zu müssen, wird es sehr teuer. Ich habe mich beim Sport verletzt, die Wunde musste im Krankenhaus genäht werden. Bei dem Betrag war ich sehr froh, eine Versicherung abgeschlossen zu haben.
Bei den Handys muss darauf geachtet werden, dass es ein Triband Handy ist, welches frei geschaltet ist. Dann kann man ganz einfach eine kanadische Sim Karte verwenden.
Nicht zuletzt ist auf die Kleidung zu achten! Natürlich abhängig davon, in welchem Monat ihr hier ankommt, kann es sehr kalt sein. Ich bin Anfang März gelandet und der Monat brachte Temperaturen bis unter 30 Grad. Da muss man schon mit richtiger Kleidung ausgestattet sein, sonst kann man es draußen nicht lange aushalten.
Mein Zimmer habe ich durch eine Rundmail an alle Mitarbeiter des Human Performance Labs gefunden. Das ging ganz problemlos auf diesem Wege. Ansonsten gibt es aber im Internet viele Seiten, in denen WG- Zimmer vorgestellt und inseriert werden.
Vom Flughafen wurde ich glücklicherweise von meinem Supervisor abgeholt. Das war sehr angenehm, weil man nach dem langen Flug doch sehr müde ist und gerne auf dem schnellsten Weg nach Hause kommen möchte. Mit dem Taxi ist es sonst aber auch immer möglich, ob offene Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, würde ich im Voraus im Internet recherchieren.
Finanzieren kann ich mein Aufenthalt hier durch ein Teilstipendium von InWent. Dadurch erhalte ich einen monatlichen Zuschlag und die Flugkosten.

Eingewöhnungsphase

Die ersten Tage habe ich den Jetlag sehr gespürt. Ich war abends früh sehr müde und war morgens um 4 Uhr hellwach. Dies hat mich auch ca. eine ganze Woche gekostet, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe. Das hat den Anfang zusätzlich etwas erschwert, dazu die Kälte, alles Fremde, die Ferne! Mit den riesigen Einkaufsmalls war ich nicht vertraut, die Geschäfte um die Ecke haben gefehlt, wie es in Deutschland üblich ist. In dieser Woche habe ich ab und zu das Gefühl von Einsamkeit gespürt, was aber ja ganz normal ist. Dies war aber nur in den ersten paar Tagen der Fall, eine gewisse Zeit, die man benötigt, um sich mit dem neuen zu Hause anzufreunden. Und genau das ist ja der Grund, warum man diesen Schritt macht. Etwas anderes kennen lernen und selbstständig in der Ferne glücklich werden.
Dann begann die wunderschöne Zeit, in der ich jetzt gerade Halbzeit habe. Dies ist so erschreckend, die Zeit verfliegt viel zu schnell!!!
Ich habe ganz schnell viele liebe Menschen kennen gelernt. Die Kanadier sind sehr freundliche Menschen, sehr hilfsbereit, was einem vieles erleichtert. In meinem Büro sitze ich mit 9 internationalen Austauschstudenten. Dadurch habe ich ganz schnell Kontakt gefunden. Wir unternehmen regelmäßig etwas zusammen, sei es unter der Woche abends oder größere Aktivitäten an den Wochenenden.
Als Ausgleich zu der Arbeit bin ich dem Uni Hockeyverein beigetreten, was eine großartige Erfahrung ist. Der Sport an sich hat hier viel mehr Bedeutung als bei uns in Deutschland. Dies zeigt sich im Training und auch in dem Ehrgeiz des Trainers und der Spieler. Der Uni Mannschaft anzugehören, ist etwas ganz Besonderes für mich und macht mir verdammt viel Spaß. Neben dem täglichen und harten Training unternehmen wir mit der Mannschaft viel, z.B. Geburtstagsparties, gemeinsame Abende mit Grillen und Lagerfeuer, Frühstück oder verschiedene Ausflüge. Hierbei bekomme ich einen Einblick in die kanadische Kultur, indem ich kanadische Familien kennen lerne und viele interessante Gespräche führe. Ende Juli sind die kanadischen Nationalspiele in Calgary, bei denen ich mitspielen werde. Darauf freue ich mich riesig und ich bin schon so gespannt.
Des Weiteren wohne ich hier in einer 6er Wohngemeinschaft, was ich auch nur empfehlen kann. Wir sind 6 verschiedene Nationalitäten, was das Zusammenleben sehr spannend macht. Dies war für mich gerade am Anfang sehr hilfreich. Es ist schön abends nach Hause zu kommen, gemeinsam zu kochen und sich auszutauschen.
Es war also von Anfang an immer viel los, was mir das Einleben sehr leicht gemacht hat. Inzwischen fühle ich mich zu Hause hier. Ich genieße die Freiheit, das Land, die Menschen und die Erfahrungen, jeden Tag aufs Neue.
Die regelmäßige Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist sehr teuer hier, weshalb ich mir gleich am Anfang ein Fahrrad gekauft habe, mit dem ich alles problemlos und unabhängig erreichen kann.
Die Universität, in der ich arbeite, hat ein großes Sportangebot, welches ich kostenlos nutzen kann. So wird von fast allen hier die Mittagspause genutzt, um schwimmen zu gehen, Squash zu spielen, oder sonstige Tätigkeiten auszuüben. Dies ist ein sehr angenehmer Effekt, der das Arbeiten erleichtert.
In nur einer Stunde ist man inmitten der Rocky Mountains, welche ein großes Freizeitangebot bieten. Ob im Sommer oder im Winter, die Gegend ist wunderschön. Ich bin jedes Mal aufs Neue sprachlos wenn ich verschiedene Plätze besichtige oder einfach nur die Stille und die Weite dieses riesigen Landes beobachte. Es ist immer ein Abenteuer hier wandern zu gehen, denn nicht selten trifft man wilde Tiere, z.B. Bären, an.

Die Sprache hat mir keine großen Schwierigkeiten gemacht, obwohl ich am Anfang doch etwas überrascht war, wie klein mein Wortschatz ist. Jeden Tag lernt man jedoch Wörter hinzu und ich merke bereits jetzt einen Fortschritt. Die Aussprache der Kanadier ist sehr deutlich und akzentfrei, was die Verständigung vereinfacht.
Die Kanadier sind sehr interessiert an Deutschland, viele erzählen von Verwandten, die in Deutschland leben und auch viele sind schon selbst dort gewesen. Es passiert nicht selten, dass ich auf meine Herkunft angesprochen werde und die Leute scheinen es zu mögen, unbekannterweise erstmal ein längeres Gespräch zu beginnen. Dies zeigt eine gewisse Weltoffenheit, was ich sehr sympathisch finde.

Leider ist Alberta ein sehr reicher Staat, was das Leben hier sehr teuer macht. Ich merke einen großen Unterschied zu Deutschland, gerade bei den alltäglichen Produkten, was mich am Anfang sehr erschrocken hat. Darauf sollte man sich vorher einstellen.

Arbeitsplatz

Ich arbeite im Human Performance Lab (HPL), welches sich in dem Kinesiology Gebäude der Universität von Calgary befindet. Wie oben schon beschrieben, sitze ich in einem Büro mit mehreren Austauschstudenten. Dies schafft eine gute Arbeitsatmosphäre. Es existieren drei verschiedene Arbeitsgruppen in dem Labor mit jeweils einem Leiter der Gruppe. Meine Gruppe wird von Benno Nigg geleitet, ein sehr erfahrener und erfolgreicher Wissenschaftler im Bereich der Biomechanik. Dies gibt der Gruppe ein gewisses Niveau, welches man in den wöchentlichen Gruppenmeetings oder auch in den Einzelgesprächen zu spüren bekommt. Jedes Gruppenmitglied bekommt ein Gefühl von Druck vermittelt, der das zielorientierte Arbeiten vermittelt.
Relativ regelmäßig kommen Besucher aus der Industrie von weltweit angereist, die an Seminaren oder Meetings im HPL teilnehmen. Ich durfte schon mehrmals bei diesen Treffen dabei sein, was für mich eine sehr interessante Erfahrung war. Dort konnte ich an Diskussionen teilnehmen und Kontakte knüpfen, was für meinen weiteren Werdegang sicherlich sehr hilfreich sein wird. Überhaupt einen Einblick in diese „Geschäftswelt“ zu bekommen, war für mich sehr interessant.
Ich habe kurz nach meiner Ankunft einen Vortrag in unserem Gruppenmeeting gehalten, indem ich meine Projektskizze und Ziele meines Aufenthaltes vorgetragen habe. Das war für mich eine große Herausforderung, da ich vor erfolgreichen Wissenschaftlern gesprochen habe. Im Endeffekt habe ich durch diesen Vortrag sehr viel dazugelernt und Routine gewonnen.

Jetzt sind bereits 4,5 Monate vorbei, und ich bin mir sicher, dass die nächste Zeit noch sehr viele Highlights zu bieten hat. Ich habe schon viel geplant, bin gespannt und freue mich auf alles, was mich noch erwartet!