Yannick Schäffler bei Jade Cargo International Company Ltd., China

Bedeutend schöner als die meisten Menschen glauben.

Mein Name ist Yannick Schäffler, Student im Hauptstudium im Studiengang Logistik und E-Business am RheinAhrCampus Remagen, FH Koblenz.

Fast ausnahmslos reagierten die Menschen positiv auf meine Absicht, das obligatorische Praxissemester in einem ausländischen Unternehmen zu absolvieren. Als ich ihnen dann jedoch sagte, dass ich dafür sechs  Monate nach China gehen würde, waren die meisten sehr stark überrascht, teils auch schockiert. Sie konnten sich niemals vorstellen mit mir zu tauschen, was jedoch meine Absicht diese Herausforderung anzunehmen nur noch verstärkte!

Wie kam es zu dem Praktikumsplatz

Im Dezember 2008 bekam ich eine Mail von „Sprachen/Internationales", dem International Office des RheinAhrCampus,  in dem einige vakante Praktikumsstellen weltweit angeboten wurden. Da ich bereits in meiner Jugend eine ausgeprägte Affinität zur Luftfahrtbranche entwickelt habe, war für mich der Praktikumsplatz bei Jade Cargo International Company Ltd. perfekt. Das Luftfrachtunternehmen mit Sitz in der südlichen Stadt Shenzhen, Goangdong Provinz, hat ca. 180 Bodenmitarbeiter und 120 Piloten. Mit ihren sechs brandneuen Boeing 747-ERF, welche eine speziell für die Luftfracht entwickelte Version des bekannten Jumbo Jets ist, bedient Jade täglich Verbindungen zwischen China und Europa sowie zurück. Angeflogene Städte sind unter anderem Frankfurt, Amsterdam, Barcelona, Wien, Brescia, Dubai, Istanbul, Lahore, Shanghai, Hong Kong,  und einige mehr. Auf meine Bewerbung hin erfolgte dann im Juni 2009 ein telefonisches Interview auf Englisch und Deutsch, wonach ich anschließend die Zusage bekam, in der Abteilung Finance und Controlling ab August anfangen zu können.

China Visum

Jeder, der längere Zeit im Ausland ist, muss den Aufenthalt sehr gut organisieren. Das schwierigste bei meinem Aufenthalt stellte der Visums-Antrag bei der Chinesischen Botschaft in Deutschland dar. Zum einen gibt es ca. 12 verschiedene Arten von Visa, wobei man für ein Praktikum in China ein sogenanntes F Visum (Business Visum) benötigt. Leider war und ist es so, dass sich die Voraussetzungen für ein solches Visum sehr schnell ändern können. Ich habe den Fehler gemacht, auf eigene Faust bei der Botschaft in Berlin das Visum zu beantragen, leider ohne Erfolg weil Dokumente fehlten, die aber eine Woche vorher noch gar nicht verlangt wurden. Deshalb mein Tipp: Immer eine Visa-Service Agentur einschalten! Viele Bekannte und ich selbst haben mit der Agentur: 1a China-Visum (http://www.1avisum.de/china) sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Mitarbeiter sind kompetent und wissen jederzeit, welche Voraussetzungen für die einzelnen Visa gerade verlangt werden, sodass die Beantragung des Visums in der Regel nicht länger als sieben Tage dauert. Das Preis-Leistungsverhältnis ist ebenfalls in Ordnung.

Stipendium

Neben meiner Bewerbung bei Jade, habe ich mich auch um ein Stipendium zur finanziellen Unterstützung bemüht. Nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren durch schriftliche Bewerbung, Gruppen- und Einzelgespräche bekam ich schließlich die Zusage von InWent für ein Teilstipendium über sechs Monate. Dies beinhaltete einen monatlichen Lebenskostenzuschuss in ausreichender Höhe sowie eine Reisekostenerstattung, was bei einem Flug nach China, der ca. 900 Euro kostet einen großen Kostenfaktor ausmacht. Es gibt in Deutschland sehr viele und gute Programme für deutsche Nachwuchskräfte im Ausland, sodass ich jedem empfehlen würde, diese Chance wahrzunehmen.

In China

China ist ein überwältigendes Land mit vielen Fassetten und Eindrücken, die einem erst einmal den bekannten „Kulturschock" einbringen. Solch ein Land ist eben mit keinem Westlichen zu vergleichen. Dieser „Schock" vergeht jedoch schneller als erwartet und man beginnt jeden Tag mehr in diese faszinierende neue Welt einzutauchen. Unterstützt wird dieser Prozess ganz klar von der Gastfreundlichkeit, die einem entgegen gebracht wird. Man muss einfach sagen dass Ausländer gern gesehen sind und dementsprechend höflich behandelt werden. Es fällt auch schnell auf, dass die Serviceleistungen in China deutlich besser sind als in Deutschland. Viele davon sind sogar kostenlos, andere für geringes Entgelt. So geht man, anders als in Deutschland, wöchentlich zur professionellen Massage, die für 100 Minuten nur knapp acht Euro kostet. Auch in vielen Geschäften werden einem nicht nur die Türen aufgehalten, sondern auch ein persönlicher Berater und Einkaufsträger die ganze Zeit zur Seite gestellt.

Des Weiteren haben auch die Mitarbeiter bei Jade dafür gesorgt, dass ich mich sehr gut einleben konnte. Jeder war überaus freundlich und hilfsbereit und vom ersten Tag an hat man sich der Firma und den Kollegen sehr verbunden gefüllt. Dieses positive Gefühl hielt auch die gesamte Praktikumsdauer an und wurde sogar durch die intensiven Arbeitsprozesse weiter verstärkt. Im Umgang mit den Kollegen sollte man jedoch stets darauf achten den richtigen Ton zu wählen und die allgemeinen Verhaltensregeln in China stets zu befolgen. Denn generell wird die Beziehung unter Kollegen nicht auf der fachlichen, sondern der persönlichen Ebene definiert. Wenn man persönlich akzeptiert und respektiert wird, stehen einem in China viel mehr Türen offen, was den Arbeitsalltag stark vereinfacht. Generell gilt, dass das sogenannte Vitamin-B in China wesentlich ausgeprägter und öfter zum Einsatz kommt. Deshalb sollte man auch den Kontakt zu den "Locals" suchen und anschließend aufrecht halten. Das geht beispielsweise über eine gemeinsame Freizeitgestaltung.

Hier gibt es vor allem in der Region des Perlfluss-Deltas, in dem auch Shenzhen liegt sehr viel zu entdecken. Tagsüber sind Ausflüge zum Strand, in den umliegenden Jungle (bedingt durch subtropisches Klima), in die zahlreichen Themenparks, oder mit der Fähre nach Hongkong oder Macau sehr beliebt. Durch die Kolonialherrschaft von Portugal (in Macau) und England (in Hongkong) treffen sich drei sehr verschiedene Kulturen und Architekturen im Umkreis von einer Fährstunde. Außerdem ist Macau das einzige Land in Asien, in dem das Glücksspiel erlaubt ist. Es wird deshalb auch wegen der unzähligen Casinos als das "Las Vegas" von Asien bezeichnet.

Wenn man jedoch nicht weit fahren möchte kann man sich auch einfach mit Freunden in den unzähligen Bars  und Clubs treffen die mit westlichen durchaus mithalten können. Ein typisch chinesischer Abend verläuft jedoch meist etwas anders. Man geht abends in ein Hotpot-Restaurant und anschließend in ein KTV. Ersteres ist dabei ein großer Tisch mit einem Kessel kochenden Wassers in der Mitte. Alle Zutaten werden roh bestellt und einfach in den Topf geworfen. Sehr lecker! Letzteres sind private Räume in denen man unter Freunden Karaoke sinkt, der Volkssport der Asiaten. Für Europäer gewöhnungsbedürftig, aber eine Erfahrung wert!

Allgemein gilt in China, wie auch in jedem anderen Land, dass wenn man mehr Geld ausgibt, auch einen höheren Lebensstandard haben kann. Der Unterschied zu beispielsweise Deutschland ist jedoch, dass man ein sehr "gutes" Leben bereits mit 800 Euro im Monat führen kann. Im Vergleich dazu verdient ein Chinese in Shenzhen ca. 270 Euro. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass man ungefähr mit den folgenden Kosten pro Monat rechnen muss, wenn man in dieser Gegend leben und arbeiten möchte.

  • Wohnung: 200 Euro (wird aber meistens von der Firma gestellt und bezahlt)
  • Nebenkosten: 12 Euro
  • Strom: 4 Euro
  • Internet: 13 Euro
  • Essen: 5 Euro am Tag
  • Kleidung: Ca. die Hälfte wie in Deutschland
  • Freizeit: Je nach dem, was man macht ca. 200 Euro
  • Reisen: Ca. 1/3 der Kosten einer vergleichbaren Reise in Europa. So kostet ein 5 Sterne Hotel (http://www.hrs.de) nur 29 Euro pro Nacht im Doppelzimmer. Flüge (AirAsia oder Shenzhen Airlines ) schon ab 20 Euro quer durch Asien.

Alles in allem war die Zeit in China eine der bedeutsamsten und schönsten bisher in meinem Leben und ich kann nur jedem raten, der ein wenig mehr möchte als "nur" ein Praktikum in westlichen Ländern, dieses Land zu erleben! Die Eindrücke und Vorurteile, die man aus Medien, Reportagen und Erzählungen kennt, können erst durch einen längeren Aufenthalt vor Ort richtig bewertet werden. Meiner Meinung nach steht das Land unter einem schlechteren Licht, als dass es stehen sollte.

In diesem Sinn, Zei Jien!

Yannick Schäffler