Worum geht's?

Ich als Professorin?

Aktuell ist die Nachfrage nach gut qualifizierten Frauen für Professuren sehr hoch. Denn aufgrund eines Generationenwechsels werden in den nächsten Jahren viele Professuren an deutschen Hochschulen frei. Zugleich gibt es derzeit noch deutlich weniger Professorinnen als Professoren, ein Zustand, den die Hochschulen dringend ändern möchten.

Findest du die Vorstellung, Professorin zu werden, spannend, aber fragst du dich gleichzeitig, ob dieser Beruf wirklich zu dir, deinem Charakter, deinen Vorlieben und deiner Lebenssituation passt? Das geht vielen so! Vor allem Menschen, die deutlich anders sind als das gängige Klischee des zerstreuten Professors, stellen sich diese Frage häufig. Das bedeutet aber nicht, dass sie für diesen Beruf nicht geeignet sind – im Gegenteil! HAW-Professor*innen können alt oder jung, nüchtern oder enthusiastisch, Familieneltern oder alleinstehend, eher förmlich oder unkonventionell, in Akademiker- oder Arbeiterhaushalten aufgewachsen und Menschen jeden Geschlechts sein. Ein paar zentrale Aspekte des Berufsbildes haben wir in diesem Kapitel für dich aufgegriffen. Viel Spaß beim Schmökern!

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Interaktion oder one-woman-show?

Ich als Professorin: Interaktion oder one-woman-show?

Ganz klar: beides.

Denn zum einen besteht die HAW-Professur stark aus Interaktion in verschiedensten Kontexten: Im Vergleich zur Professur an einer Universität geben HAW-Professor*innen deutlich mehr Lehrveranstaltungen, und die betreuten Studierendengruppen sind oft vergleichsweise klein. Dadurch ist der Kontakt entsprechend persönlicher. Inhalte professionell so aufzubereiten und zu vermitteln, dass sie zur Zielgruppe passen, wertschätzend auf die Anliegen und Fragen Studierender einzugehen und zugleich objektiv ihre Leistungen zu beurteilen, macht also einen wesentlichen Teil des Professorinnenalltags aus. Hinzu kommen Kooperationen mit anderen Professor*innen, die Interaktion mit Mitarbeitenden in den Hochschul-, Fachbereichs- und Studiengangsverwaltungen und Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse in Hochschulgremien.

Zugleich bietet die HAW-Professur viel Unabhängigkeit und viele Freiräume, die die Professor*innen eigenverantwortlich gestalten. Gemäß des Grundsatzes der Freiheit der Lehre gestalten sie die Inhalte und Schwerpunktsetzungen im Lehr- und Forschungsgebiet ihrer Professur eigenverantwortlich und organisieren ihre Arbeitsprozesse und Arbeitszeiten selbständig.

Eine HAW-Professorin ist also idealerweise einerseits interaktionsstark, andererseits hat sie aber auch Freude daran, alleine Entscheidungen zu treffen und zu verantworten, kann sich gut alleine organisieren und strukturieren und auf eine gute Balance zwischen Beruf und Freizeit achten.

Und wie ist das bei dir?

Praxis oder Theorie?

Ich als Professorin: Praxis oder Theorie?

HAWen sind Hochschulen mit hohem Praxisbezug, weshalb auch nur Personen mit praktischer Berufserfahrung HAW-Professor*in werden können (s. Kapitel Obligatorisches). Die Praxis, auf die Studierende vorbereitet werden, aus eigener Anschauung zu kennen, wird daher gewünscht. Zugleich sind HAWen Wissenschaftsinstitutionen, und entsprechend baut die Lehre auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem fundierten Theorieverständnis auf. Zudem gewinnt die Forschung an HAWen zunehmend an Bedeutung, und zwar nicht nur an den UAS7 – sieben besonders forschungsstarken deutschen HAWen -, sondern durchweg. Die Hochschule Koblenz hat beispielsweise neben zahlreichen Forschungsprojekten auch 11 Forschungsinstitute in 6 Fachbereichen, und es gibt ein Vizepräsidium, das spezifisch der Forschung gewidmet ist. Im Gegensatz zur universitären Grundlagenforschung sind HAWen dabei auf die Anwendungsforschung spezialisiert. Die Anwendung von Theorien auf die Praxis und das Aufgreifen und wissenschaftliche Bearbeiten praktischer Probleme – der Theorie-Praxis-Transfer – ist entsprechend das A und O an HAWen.

Auch dem Bereich Transfer ist an der Hochschule Koblenz übrigens ein eigenes Vizepräsidium gewidmet.

Wer besonders anschaulich vermitteln kann, welche Bedeutung eine bestimmte Theorie für die Praxis hat und anders herum auch aus Herausforderungen in der Praxis besonders gut Forschungsfragen und –designs ableiten kann, ist also an einer HAW besonders gut aufgehoben. Auch die eigenen regionalen und überregionalen Praxiskontakte und -netzwerke sind für die Arbeit an einer HAW wertvoll. Denn hier musst du dich nicht zwischen Theorie und Praxis entscheiden, sondern kannst beides haben!

Wie gefällt dir diese Vorstellung?

Räumlich gebunden oder flexibel?

Ich als Professorin: räumlich gebunden oder flexibel?

Solltest du flexibel sein und gerne einmal in einer anderen Ecke Deutschlands leben wollen, wirst du dich möglicherweise bundesweit oder gar weltweit auf spannende Professuren bewerben, die genau zu deinem Profil passen. Aber was ist mit Personen, die die Region, in der sie aktuell leben, nicht oder nicht vollständig verlassen können oder wollen? Haben sie von vorneherein keine Chancen auf eine Professur? Ganz klar: So schwarz-weiß ist die Ausgangslage nicht. Vielmehr gibt es auch dann mehrere Möglichkeiten. Denn im Zuge des sich vollziehenden Generationenwechsels an deutschen Hochschulen besteht ein großer Bedarf an gut qualifizierten und engagierten wissenschaftlichen Nachwuchskräften, auch auf professoraler Ebene. Und zunehmend gehen Hochschulen innovative, flexiblere Wege, um frei werdende Professuren mit guten Kräften besetzen zu können. Deshalb: Sollte HAW-Professorin dein Traumberuf sein, du aber nicht umziehen können, gib nicht gleich auf! Auch für deinen Fall gibt es Strategien und Überlegungen, die deine Chancen verbessern können.

Option eins: Du fokussierst auf Hochschulen in deiner Region und recherchierst: Was wird dort gelehrt? Welche Schwerpunkte werden gesetzt? Was davon findet sich bereits in deinem Portfolio? Passt die zugrunde liegende Philosophie der Hochschule(n) zu dir? Und gehen dort in den nächsten Jahren Professor*innen in den Ruhestand, deren Professur thematisch für dich interessant sind, oder hat sich der Generationenwechsel dort bereits vollzogen? Dann überlege: Wie könntest du gegebenenfalls deine nächsten beruflichen Schritte und Weiterqualifizierungen strategisch so planen, dass du besonders gut zu ihnen passen würdest? Das ist natürlich keine Garantie für eine heimatnahe Berufung , aber es kann die Chancen erhöhen. Wenn du die Region gut kennst, weil du dort schon länger lebst und arbeitest, kannst du vielleicht außerdem mit guten regionalen Netzwerken und Praxiskontakten punkten. Solltest du bereits an einer Hochschule arbeiten, an der du gerne Professorin werden möchtest, beachte bitte unbedingt die Regeln zur Hausberufung !

Option 2: Diese Option betrifft weiter entfernte Hochschulen, die nicht ohne weiteres in einer täglich machbaren Pendeldistanz liegen. Zwar hört man immer wieder, dass es für Professor*innen eine Residenzpflicht am Ort der Hochschule gebe. Die relevanten Landesbeamtengesetze legen dies allerdings gar nicht notwendigerweise so spezifisch fest, sondern verfügen primär, dass der Wohnsitz so gewählt sein muss, dass die Dienstaufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden können. Hier empfiehlt es sich, zu recherchieren, wie verschiedene Hochschulen dies konkret umsetzen. Ist es z.B. möglich, im Semester blockweise oder nur für einen Teil der Woche am Hochschulstandort präsent und ansonsten virtuell verfügbar zu sein, z.B. für online-Lehrveranstaltungen und –Sprechstunden? Finden Gremiensitzungen grundsätzlich in Präsenz statt, oder gibt es hybride Modelle? Verschiedene Hochschulen gestalten dies sehr unterschiedlich – es lohnt sich also, sich sehr konkret zu informieren. Falls du z.B. bereits guten Kontakt zu Professor*innen einer für dich interessanten HAW hast, könntest du diese dazu einmal fragen. Denn sie werden sowohl die formale Regelung kennen, die an ihrer Hochschule und ihrem Fachbereich gilt, als auch die Gepflogenheiten und reale Umsetzungsbeispiele. Ansonsten könnten auch zentrale oder dezentrale Gleichstellungsbeauftragte an HAWen etwas dazu wissen, da die räumliche Flexibilität eng verknüpft ist mit der Frage der Familienfreundlichkeit. Solltest du lieber zunächst keine Person an einer HAW ansprechen wollen, könntest du stattdessen in einem ersten Schritt recherchieren, ob Stellenausschreibungen der betreffenden HAWen Hinweise enthalten, wie hoch der Anteil hybrider oder digitaler Lehrangebote ist und ob für Sitzungen digitale Zugänge zur Verfügung gestellt werden. Dies lässt zwar nicht 1:1 den Rückschluss zu, dass dann auch eine Professur vermehrt mit online-Elementen versehen werden kann, aber eine erste Tendenz lässt sich durchaus erkennen.

Oder fändest du einen Umzug an den Ort deiner Traum-Professur eigentlich schon spannend, befürchtest aber, dass ein räumlicher Neuanfang zu viele Nachteile für deine Familie mit sich bringen würde? Einige Hochschulen haben genau aus diesem Grund z.B. bereits Dual Career Services eingerichtet - also Angebote, die helfen, bei einem Umzug auch für den Partner / die Partnerin einen attraktiven Job zu finden -, haben Familienservices oder angeschlossene Kindertagesstätten oder helfen mit Onboarding-Angeboten bei der Orientierung im neuen Umfeld. Gleichstellungs-, Diversity- oder Familienservice-Büros an Hochschulen können dich hierzu informieren.

Und wie ist das bei dir?

und Familie, Ehrenamt etc.?

Ich als Professorin: und Familie, Ehrenamt etc.?

Liebst du es zwar, voll und ganz in deiner Arbeit aufzugehen, aber ist es dir zugleich wichtig, einen Karriereweg zu verfolgen, der auch genügend Zeit für Menschen und Aktivitäten außerhalb der Arbeit lässt?

Das zunehmende gesellschaftliche Bewusstsein für Vereinbarkeitsfragen und eine gelungene Work- Life-Balance beeinflusst zunehmend auch die Arbeitsstrukturen an HAWen. Neben den zuvor skizzierten wachsenden Möglichkeiten, räumlich flexibler zu arbeiten und damit gegebenenfalls auch Pendelzeiten einzusparen, werden Stellenausschreibungen für Professuren auch immer häufiger mit dem Vermerk versehen, dass eine Teilzeitbeschäftigung möglich sei. Allerdings ist hier Umsicht geboten, denn in der Regel können Teilzeit-Tätige ihre Professur nur als Angestellte ausüben und werden nicht verbeamtet. Wenn eine Teilzeit-Professur für dich interessant ist, erkundige dich also frühzeitig nach den Implikationen.

Gerade mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Professur ergreifen Hochschulen vielfältige Maßnahmen, und viele von ihnen durchlaufen regelmäßig Audits zur Familienfreundlichkeit. Diese lassen sich in der Regel auf den Internet-Seiten der jeweiligen Hochschule gut recherchieren.

Auch wenn eine Professur anspruchsvoll ist und viel Zeit benötigt, so berichten doch viele Professorinnen, dass sie die Rahmenbedingungen als flexibel und familienfreundlich erleben. Denn als Professorin bist du deine eigene Chefin und planst einen Großteil deiner Arbeitszeit-Verteilung selber. Und Phasen dichterer Aufgabentaktung während des laufenden Semesters stehen ruhigere Phasen während der vorlesungsfreien Zeit gegenüber. Zudem öffnen sich mit der Zeit, je routinierter du wirst, auch weitere Freiräume und Zeitfenster, über die du flexibel verfügen kannst. Und für viele wiegen der Spaß an der Arbeit, die Verdienstmöglichkeiten und die Reputation, die mit der Professur einhergehen, die Phasen dichterer Arbeitsanforderungen mehr als auf.

Und wie ist das bei dir? Welche Lebensbereiche möchtest du gerne mit einer Professur vereinbaren können?

Und nun?

Du als Professorin?

Nun bist du am Ende dieses Kapitels angekommen. Was waren deine Gedanken und Erkenntnisse? Zu welcher Einschätzung bist du gekommen? Der Karriereweg HAW-Professur interessiert und motiviert dich? Du möchtest mehr darüber wissen? Dann klicke dich doch durch die nächsten Kapitel und erfahre, welche formalen Voraussetzungen du auf jeden Fall mitbringen musst und womit du außerdem noch punkten kannst. Oder weißt du schon, dass du alle Voraussetzungen erfüllst? Dann springe doch direkt zum Workbook HAW-Professur. Und wenn dein Weg von der Vision zu deiner Profession führt, heißt es vielleicht einmal:

Du als Professorin!