Wasser-Extremereignisse: BMBF-Projekt „FloReST“ zur Untersuchung von Notabflusswegen gestartet
17.03.2022
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Die Sturzfluten der jüngsten Vergangenheit haben kleinere Gewässer beziehungsweise hohe Oberflächenabflüsse fernab der eigentlichen Gewässer verursacht. Bei diesen Sturzfluten müssen die Wassermengen möglichst unschädlich durch die urbane Bebauung abgeleitet werden. „Technische Rückhaltemaßnahmen sind damit oft überlastet, sodass lokale Objektschutzmaßnahmen im Risikobereich nicht ausreichen. Es empfiehlt sich, diese mit Notabflusswegen als wesentliches Element der wassersensiblen Stadtentwicklung zu ergänzen“, betont Prof. Dr. Lothar Kirschbauer, der an der Hochschule Koblenz Siedlungswasserwirtschaft lehrt. „Die Fachöffentlichkeit ist sich seit Jahren einig, dass dies erforderlich ist. Es mangelt an einer Umsetzung in der Praxis“, ergänzt Dr. Thomas Siekmann von der Ingenieurgesellschaft Dr. Siekmann + Partner mbH.
Das Team des Verbundforschungsprojektes FloReST entwickelt verschiedene innovative, technologiebasierte Lösungen, die unterschiedliche Ansätze zur belastungsunabhängigen und -abhängigen Ausweisung von Notabflusswegen verfolgen. „In enger Abstimmung mit Pilotkommunen, Fachverbänden und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern eröffnen wir damit einen intelligenten, dialogorientierten Weg zur nachhaltigen und lokal angepassten Umsetzung von Maßnahmen zur Hochwasser- und Sturzflutvorsorge in urbanen Räumen“, erklärt JProf. Dr. Tobias Schütz, Hydrologe an der Universität Trier.
Mit dem interdisziplinären Projekt sollen funktionale und auf kommunale wie wirtschaftliche Anwender angepasste Smart Tools zur Steigerung der Resilienz kritischer Infrastrukturen gegenüber Wasser-Extremereignissen entwickelt werden. Dabei stellt die kontinuierliche Einbindung von fünf bereits von Sturzfluten betroffenen Kommunen sicher, dass sich die entwickelten Smart Tools in die Praxis übertragen lassen. Informationen über Gefahren und Risiken, resultierend aus regelmäßig auftretenden Wasser-Extremereignissen, werden digital bereitgestellt und zugänglich gemacht. Die nachhaltige Sensibilisierung für die Folgen solcher Sturzfluten sowie das Aufzeigen möglicher Lösungsansätze und eigener Handlungspotenziale, um Wasser-Extremereignissen besser zu begegnen, spielt dabei eine bedeutende Rolle.
Während der dreijährigen Projektlaufzeit verfolgen die sechs Verbundpartner eine Reihe von Schwerpunktthemen wie etwa die Neuentwicklung eines robotergestützten Systems mit integrierter Positionierungs- und Mess-Sensorik zur hochaufgelösten 3D-Datenerfassung der innerörtlichen Infrastruktur. Damit wird eine bisher schwer erreichbare Erfassung kleinskaliger Fließhindernisse und Bruchkanten ermöglicht. Technologien mit Künstlicher Intelligenz sollen ermöglichen, Notabflusswege durch Machine-Learning-Verfahren zukünftig auch ohne die ressourcen-intensive, detaillierte Anpassung hydraulischer Modelle für große Einzugsgebiete nachzuweisen. Zudem kann der Einsatz von UAV-Drohnentechnik und Dotierversuchen dazu dienen, belastungsabhängige Notabflusswege experimentell auszuweisen, um die Maßnahmen zur Hochwasser- und Sturzflutvorsorge zielgenau planen und umsetzen zu können.
Außerdem ist geplant, die Infrastruktur zur digitalen Daten- und Methodenbereitstellung in Form eines Geo-Data-Warehouse sowie einer mobilen App zu entwickeln. Über die mobile App wird die Erfassung von Erfahrungen und Ortskenntnissen der Bürgerinnen und Bürger zu vergangenen Starkregenereignissen ermöglicht und gleichzeitig die Bürgerbeteiligung gefördert. „Die vernetzte Risikokommunikation mit Pilotkommunen gewährleistet eine hohe Interaktivität und die grundlegende Einbeziehung der Betroffenenperspektive“, so Prof. Dr. Peter Fischer-Stabel, Professor am Umweltcampus Birkenfeld. Die Risikokommunikation zielt dabei insbesondere auf die Einbeziehung und Aktivierung von Gruppen in Gebieten mit hoher sozialer Ungleichheit.
Neben der Zusammenarbeit mit fünf Pilot-Kommunen wird das Projekt FloReST durch Mitglieder eines Projektbeirats aus der Praxis (Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz), aus der Landesverwaltung (Kompetenzzentrum Hochwasservorsorge und Hochwasserrisikomanagement, Landesamt für Umwelt in Rheinland-Pfalz) sowie dem Gemeinde- und Städtebund (Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge Rheinland-Pfalz) unterstützt.