Alexandra Piscalar at Azerbaijan University
Motivation bzw. Entscheidung für das Zielland
Die Entscheidung, ein Auslandssemester zu absolvieren, hat sich spontan ergeben. Eine Kommilitonin war im Jahr zuvor über das Erasmus-Programm in Baku, Aserbaidschan, und hat von dieser Stadt und diesem Land geschwärmt. Auf Nachfrage bei den Verantwortlichen unserer Universität habe ich erfahren, dass die finanziellen Mittel für Aserbaidschan relativ hoch sind, so dass der Eigenanteil für den einzelnen Studierenden recht gering ausfällt. Für mich war dies eine von zwei Voraussetzungen, da ich trotz Auslandsaufenthaltes meine Wohnung weiterbezahlen musste. Außerdem war Aserbaidschan eines der wenigen Länder, in dem noch Erasmus-Plätze verfügbar waren.
Zweite Voraussetzung für mich war, ein Land zu wählen, dass mir kulturell bisher unbekannt war, um meinen Horizont zu erweitern. Somit fiel die Wahl auf Baku sehr schnell. Aserbaidschan ist ein Entwicklungsland, welches in Deutschland recht unbekannt ist. Das muslimisch-geprägte Land, in dem offiziell eine Präsidialdemokratie herrscht, wird durch den aktuellen Präsidenten İlham Əliyev diktatorisch (so sagen die Einheimischen) geführt.
Für mich war es wichtig, ein Land für mein Auslandssemester zu finden, dass finanzierbar war und in dem ich meinen persönlichen (kulturellen) Horizont erweitern kann. Mit Aserbaidschan ist mir beides gelungen.
Persönlich würde ich mich als eine sehr neugierige, offene und an anderen Kulturen interessierte Person beschreiben.
Organisation des Auslandsaufenthaltes
Finanzierung und Kosten
Die Finanzierung des Auslandssemesters erfolgte durch die Unterstützung von Erasmus + und das Zurückgreifen auf eigene Rücklagen. Im Folgenden werden grob die entstandenen Kosten tabellarisch aufgelistet:
Die Erasmus-Förderung lag monatlich bei 650 €, was bedeutet, dass man jeden Monat rund 80 € selbst finanzieren musste. Das entspricht einer Gesamt-Selbstfinanzierung von etwa 360 €. Diese Hochrechnung umfasst außer den Wandertouren keine weiteren Freizeitaktivitäten oder „Luxusgüter“, wie Klamotten und Mitbringsel.
Akademische Fragen und Anerkennung der Leistungen
Das Auslandssemester wird im Rahmen meines Studiums mit 18 ECTS-Punkten anerkannt. Vo-raussetzung hierfür war, Kurse zu belegen, die in der Höhe der Bewertung einer Höhe von min-destens 18 ECTS-Punkte entsprechen. Ich habe einen Kurs mehr als die Mindestanforderung belegt, um ein Gefühl für den Alltag eines aserbaidschanischen Masterstudenten an der Azerbaijan University zu bekommen. Diese belegen in der Regel vier bis fünf Seminare pro Semester.
Bewerbung an der Gasthochschule
Die für die Bewerbung des Auslandssemesters an der Gasthochschule benötigten Unterlagen konnten auf der Gastuniversitäts-Webseite abgerufen werden.
Folgende Unterlagen wurden benötigt und via Email an die Azerbaijan University gesendet:
- Bewerbungsformular für Austauschstudierende
- Übersicht über bereits bestandene Leistungen (Stempel der eigenen Universität)
- TOEFL Zertifikat
- Lebenslauf
- Kopie des Passes
- Learning Agreement
Kurz darauf habe ich eine Bestätigung von der Gastuniversität erhalten, dass ich offiziell für das Auslandssemester angenommen wurde.
Unterkunft
Bereits in der Bestätigung für das Auslandssemester wurde angeboten, dass die Universität mich bei der Unterkunftssuche in Baku unterstützt. Dies war auch notwendig, da die Aserbaidschaner neben ihrer Heimatsprache meist nur Russisch oder Türkisch beherrschen. Mein Ansprechpartner war Bakhtiyar Badalov (Direktor für internationale Beziehungen), der mich zunächst nach Eckdaten für die gewünschte Unterkunft fragte. Da es in Aserbaidschan weder Studentenwohnheime noch Wohngemeinschaften, wie sie in Deutschland bestehen, gibt, hat Herr Badalov mit Hilfe einer Immobilienmaklerin nach geeigneten Wohnungen gesucht. Mir wurden mit Hilfe von Bildern via Whatsapp vier verschiedene Wohnungen vorgestellt. Meine Wahl fiel auf eine Wohnung außerhalb der Stadt, die nahe der Universität lag, weil hier das Preis-Leistungs-Verhältnis am besten war. Die monatliche Miete betrug ohne Nebenkosten 865 Manat (ca. 450 €), mit Nebenkosten 980 Manat (ca. 510 €) für etwa 110 m2 für mich und meine Kommilitonin.
Herr Badalov hat ebenfalls ein Taxi organisiert, welches meine Mitstudierende und mich nach der Ankunft in Aserbaidschan zu der Wohnung brachte. Mit Ankunft konnten wir den Mietvertrag unterschreiben und die Wohnung beziehen.
Da die Vermieter glücklicherweise Englisch sprechen, konnten wir alles weitere direkt mit ihnen regeln.
Anreisevorbereitungen
Nach Eingang der Bestätigung für das Auslandsemesters habe ich nach Flügen über die bekannten Flugpreis-Vergleichsseiten gesucht. Von Frankfurt nach Baku kann man einen sechsstündigen Direktflug mit Lufthansa buchen, der im Gegensatz zu anderen Flügen weitaus teurer ist. Flüge von Düsseldorf und Köln liegen etwa im selben Preisniveau, wobei man Zwischenstopps in Istanbul (Türkei) oder Moskau (Russland) hat. Mein Hinflug ging über Moskau, da ich einen Flug mit Aeroflot gefunden hatte, bei dem man zwei Gepäckstücke mit jeweils 20 kg aufgeben konnte. Den Rückflug nach Deutschland habe ich erst gebucht, als die Prüfungstermine der Gasthochschule veröffentlicht wurden. In der Zwischenzeit habe ich erfahren, dass es Flugportale (z.B. www.statravel.de) gibt, die für Studenten Flüge zu vergünstigten Tarifen anbieten. Hier konnte ich einen Flug der Fluggesellschaft Türkisch Airlines günstig buchen, bei dem ich ebenfalls 40 kg Gepäck aufgeben konnte.
Als zusätzliche Auslandskrankenversicherung habe ich, nach intensivem Vergleich über bekannte Internetseiten, das HanseMerkur Young Travel Paket gewählt. Hier hatte ich ohne Umstände innerhalb von 10 Minuten die Versicherung gebucht. Glücklicherweise musste ich die Versicherung während meines Auslandsaufenthaltes nicht in Anspruch nehmen.
Im Gegensatz dazu benötigte die Beantragung des Visums für Aserbaidschan einiges mehr an Zeit. Es wurden offizielle Dokumente benötigt, wie z.B. ein Einladungsschreiben der Gastuniversität in Baku. Da das erste Visum nur drei Monate gültig ist, musste in Aserbaidschan ein neues und dauerhaft gültiges Visum beantragt werden. Dies war auf Grund der Sprachbarriere nur mit Hilfe unseres Ansprechpartners möglich. Für das Visum Vorort erfolgte zudem eine körperliche Untersuchung durch das internationale Krankenhaus.
Das deutsche Auswärtige Amt empfiehlt für Aserbaidschan eine Impfung gegen Hepatitis A und B, da die medizinische Versorgung für viele Aserbaidschaner zu teuer ist und Krankheiten oft-mals nicht (ausreichend) behandelt werden.
Geldautomaten, an denen man Bargeld abheben kann, sind in der ganzen Stadt verteilt. Hier gilt es jedoch, welche zu finden, die nicht nur große Geldscheine herausgeben. Manche Läden nehmen die großen Geldscheine (100 Manat) ungerne bzw. gar nicht an.
Kosten für Ausflüge und Nebenkosten kann man zudem über sogenannte Bezahlautomaten begleichen, die ebenfalls in ganz Baku verteilt sind und auf Englisch bedient werden können.
Die Gasthochschule
Organisation und Kontakte
Ansprechpartner für die Gaststudenten an der Azerbaijan University ist Bakhtiyar Badalov. Er ist für die Organisation vor dem Auslandsaufenthalt und für die externe Organisation an der Univer-sität zuständig. Dazu gehört unter anderem das Beschaffen der Dokumente für den Antrag eines neuen Visums, das Beantragen der Visa und das Suchen von geeigneten Unterkünften.
Ansprechpartner innerhalb der Universität sind die Mitarbeiter im „Deans Office“. Das Team be-steht aus vier Angestellten, welche für die gesamte interne Verwaltung der Universität zuständig sind. Hier bekommt man jegliche Information (Raumänderungen, Klausurtermine, etc.), die man als Student benötigt. Bedauerlicherweise sprechen die Mitarbeiter kaum englisch, was die direkte Kommunikation sehr erschwert und Informationen dadurch anfangs nur fehlerhaft übermittelt wurden. Wir haben daher oftmals die Gelegenheit genutzt, unseren Ansprechpartner Herr Badalov und unsere Professoren als Übersetzer zu nutzen, um eine fehlerfreie Weitergabe von wichtigen Informationen zu gewährleisten.
Das Universitätsgebäude verfügt über sechs Etagen, wovon zwei im Keller liegen. Die Mensa befindet sich in der obersten Etage. Das Gebäude kann man nur mit Hilfe eines Fingerabdruck-scanners betreten, da es 2009 in einer anderen aserbaidschanischen Universität einen Amoklauf gegeben hat. Zusätzlich sind in den Fluren, Büros und Kursräumen, die nach innen mit Glaswänden abgegrenzt sind, überall Kameras an den Decken angebracht.
Die Kursräume verfügen alle über einen Beamer, der zur Unterstützung der Vorlesungen genutzt wird.
Akademische Besonderheiten bzw. Unterschiede zur Heimathochschule
Die Azerbaijan University bietet sowohl einen Bachelor- als auch einen Masterstudiengang an. Zusätzlich wird den Erstsemestern im Bachelorstudiengang seit diesem Jahr die Möglichkeit geboten, innerhalb eines Jahres Englisch auf Businessniveau zu erlernen, was auf Grund der schlechten Englisch-Ausbildung an den aserbaidschanischen Schulen notwendig ist, damit die Studenten an den englischen Kursen ohne sprachliche Einschränkung teilnehmen können. Dar-über hinaus wird ein rein englischer Master-Studiengang angeboten, der neben uns zwei Gast-Studierenden von drei weiteren Studenten belegt wurde.
Zusätzlich bietet die Universität eine Vielzahl offizieller Informationsveranstaltungen an, welche die Studenten und Teilnehmer an die aserbaidschanische Geschichte erinnern sollen. Diese werden größtenteils auf aserbaidschanisch durchgeführt.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Heimathochschule und der Gasthochschule ist das Benotungssystem. Die Prüfungsleistung für die Studenten setzt sich wie folgt zusammen: Attendance (10 P.), Mid-term Quiz (10 P.), Daily activity (10 P.), Individual Quiz #1 (10 P.), Individual Quiz #2 (10 P.), Final Exam (50 P.). Die Studierenden können so bereits im laufenden Semester 50 Punkte erreichen, während die restlichen 50 Punkte in der Abschlussklausur vergeben werden.
Ein weiterer Unterschied findet sich in der Anzahl an internationalen Studenten. Während in unserer Heimathochschule die Gaststudenten sehr viel zusammen erkunden, war ich aufgrund der scheuen und zurückhaltenden Verhaltensweise der aserbaidschanischen Studenten froh, das Auslandssemester mit einer deutschen Kommilitonin zusammen gemacht zu haben, da es außer uns beiden keine weiteren Auslandsstudenten an der Universität gab. Das gab uns die Möglichkeit, Situationen und Erlebnisse gemeinsam zu bewältigen und adäquat zu reflektieren.
Kursauswahl
Die Kursauswahl erfolgte über eine uns zugeschickte Liste von Herrn Badalov. Für den engli-schen Masterstudiengang standen insgesamt sechs Kurse zur Auswahl, woraus ich Kurse, die in der Summe 18 Credits ergeben, auswählen musste.
Aufenthalt im Gastland
Leben in der „neuen Heimat auf Zeit“
Herr Badalov hatte uns insgesamt vier Wohnungen vorgestellt, wovon wir die Wohnung mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis wählten. Alle uns vorgestellten Wohnungen lagen preislich um die 800 bis 900 Manat im Monat. Das Apartment, das wir letztendlich wählten, war fünf Minuten Fußweg von der Universität entfernt und befand sich im 14ten Stock eines Hochhauses. Das hatte den Vorteil, einen Ausblick über bestimmte Stadtteile bis hin zum Meer zu haben. Die Wohnungseinrichtung hatte einen gehobenen Standard und erst in Gesprächen mit einheimischen Studenten konnten wir herausfinden, dass Wohnungen in dieser Preisklasse normalerweise von Besserverdienenden bewohnt werden. Das führte dazu, dass wir andere Studenten nicht in unser Apartment eingeladen und das Thema mit Aserbaidschanern grundsätzlich vermieden haben.
Eine wesentliche Umstellung gab es bei der Bezahlung der Miete inkl. der Nebenkosten. Wäh-rend der Vermieter die reine Miete jeden Monat persönlich abgeholt hat, wurden die Rechnungen für die verschiedenen Nebenkosten, wie zum Beispiel Internet, Strom und Wasser monatlich an die Haustüren der jeweiligen Apartments im Hochhaus gehängt. Die Bezahlung erfolgt mit Hilfe der Bezahlautomaten, die in der ganzen Stadt verteilt sind. Hier wählt man den Anbieter aus, gibt die Rechnungsnummer ein und bezahlt die Rechnung dann in Bar. Erst gegen Ende unseres Aufenthaltes haben wir erfahren, dass es auch die Möglichkeit der Überweisung gibt.
Rund um das Apartment gab es viele Einkaufsmöglichkeiten wie z.B. Filialen der Lebensmittel-ketten Bazarstore und Bolmart, die direkt um die Ecke lagen. Zusätzlich sind in den Straßen klei-nere Lädchen, die frische Ware verkaufen. Natürlich sind auch die typischen kleinen und großen Märkte, wie zum Beispiel der Nasimi Bazar oder der Yaşıl Bazar (übersetzt Grüner Markt) zu finden, bei denen auch die meisten Restaurants einkaufen. Generell muss man bei den Märkten aufpassen, dass die Händler ihre Produkte aufgrund des nicht-aserbaidschanischen Aussehens der Käufer zu teuer verkaufen. Wenn die Ware vor den Augen der Interessenten auf die Waage gelegt wird und auf dieser ein Preis erscheint, so weiß man, dass dies der allgemeine Preis ist.
In Aserbaidschan sind viele Straßenhunde und -katzen zu sehen, die nachts auch zu hören sind. Sie werden von den Einwohnern mitverpflegt, da ein König in der Vergangenheit Hunde und Katzen heilig erklärt hat. Seitdem sind sie Teil der Stadt/ des Landes.
Woran man sich in Baku gewöhnen muss, ist der Baustellenlärm. Zurzeit werden sehr viele Hochhäuser gebaut, da die Menschen aus den Dörfern nach Baku ziehen (Landflucht), um bes-sere berufliche Perspektiven zu erlangen. Die inoffizielle Arbeitslosenquote auf den Dörfern ist sehr hoch, da die Menschen mit dem Anbau von Obst und Gemüse nicht genug verdienen. Aserbaidschan hat lediglich 10 Mio. Einwohner. Es gibt verhältnismäßig einen Überschuss an Obst und Gemüse. Die aserbaidschanische Regierung versucht, den Import anderer Lebensmittel und Güter zu erschweren, indem sie hohe Abgaben fordert. Diese Abgaben fordern die anderen Länder jedoch auch ein, was dazu führt, dass die Menschen auf den Dörfern ihre Betriebe nach und nach aufgeben.
Baku hat nur wenige Möglichkeiten, um Feiern zu gehen. Eher beliebt sind Karaoke Bars und Pubs. Meistens sitzen die Einheimischen abends mit ihren Familien und Freunden zusammen und essen. Eine Alternative im Sommer ist es, abends an den Strand zu gehen und den Sonnenuntergang zu genießen. Dies wird auch von vielen Einheimischen genutzt.
Sport ist unter den Aserbaidschanern nicht weit verbreitet. Fragt man die Aserbaidschaner nach der Nationalsportart, bekommt man verschiedene Antworten, wie Ringen, Karate oder Turnen. Die Aserbaidschaner gehen oftmals spazieren oder walken mit der Familie oder Freunden in den kleinen Parks, die in Baku verteilt sind. Im Sommer beschränkt sich wegen der Hitze die Zeit für sportliche Aktivitäten auf morgens (bereits gegen 5 Uhr) oder auf abends ab 23 Uhr. Es gibt eine Badminton Halle, in der man bei Interesse gegen Unbekannte spielen und so neue Kontakte knüpfen kann. Außerdem gibt es eine Turnhalle, in dem es regelmäßig Turnwettkämpfe gibt. Auch das Olympia Schwimmbad ist in Baku zu finden, dass jedoch verhältnismäßig teuer ist. In Baku gibt es viele kleine Agenturen, die Wanderungen in die Natur von Aserbaidschan veranstalten. Diese finden meist am Wochenende statt und kosten zwischen 35 und 75 Manat. Hier nehmen sowohl Touristen als auch Einheimische und Expatriate teil.
Als Freizeitmöglichkeit kann man neben den vielen kleinen in den Seitengassen versteckten Cafés auch den ca. 26 km langen Boulevard erkunden. Ebenso gibt es auch öffentliche Promo-Veranstaltungen auf dem Fountain Square oder aber man kann Tischtennis, Billard oder Bowling mit Freunden spielen, was fast überall möglich ist.
Kosten
Das Leben für Deutsche ist in Aserbaidschan sehr günstig, da der Manat zur Zeit einen niedrigen Kurs gegenüber dem Euro hat (aktuell 1 Manat : 0,52 Euro). Das Durchschnittsgehalt der Aserbaidschaner liegt monatlich zwischen 200 bis 400 Manat; Polizisten verdienen mit knapp 900 Manat schon sehr viel. Mit der Erasmus + - Förderung von monatlich 650 Euro (umgerechnet circa 1.200 Manat) lebt man daher besser als die meisten Aserbaidschaner und kann damit neben dem Alltag alle Ausflüge problemlos finanzieren.
Fazit
Ich kann mir vorstellen, dass mir das Auslandssemester in meiner zukünftigen Berufstätigkeit als auch Privat weiterhelfen wird. Aserbaidschan ist ein Land, welches sich sowohl kulturell als auch politisch sehr von der Europäischen Gesellschaft unterscheidet. In dem muslimisch geprägten Land leben sehr offene, aber unstrukturierte Menschen. Anfangs war ich skeptisch, da jede Frage mit „No Problem“ beantwortet und Prozesse meist in den letzten Minuten geregelt wurden. Trotzdem hat alles irgendwie geklappt. Ich nehme daraus mit, dass feste Strukturen zwar in den Augen Deutscher viel Stress ersparen können, es jedoch Kulturen gibt, die mit Spontanität besser umgehen können. Diese Erkenntnis ist elementar, wenn man eines Tages international arbeiten möchte – auch in der Vorgehensweise gibt es kulturell elementare Unterschiede.
In diesem Zusammenhang ist auch das Rollenverständnis von Mann und Frau zu nennen. Diese Ungleichheit habe ich in vielen Situationen erleben müssen. Hier hat sich gezeigt, dass man sich als Frau den Respekt der Männer erarbeiten muss. Selbst wenn man dies getan hat, waren nicht alle Männer damit einverstanden. Diese Erfahrung zu machen war gut, da ich nun weiß, wie ich mit solchen Situationen umgehen muss, sollte mir dies in meinem zukünftigen beruflichem und privaten Umfeld passieren.
Die Einheimischen, sowohl die in Baku als auch die auf den Dörfern lebend, haben einzigartige Charaktere, die es lohnt, kennenzulernen. Diese große Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Vorurteilslosigkeit gegenüber Fremden war eine tolle Erfahrung, die ich in Deutschland für mich weiterführen möchte. Auch wenn es oftmals keine gemeinsame Sprachbasis gab, hat jeder versucht mit Zeichensprache und Bildern zu kommunizieren. Hier waren alle geduldig und kreativ und man konnte auch bei den Aserbaidschanern merken, dass es ihnen Spaß machte, mit einer anderen Kultur sich nonverbal auszutauschen.
Es gibt einige unausgesprochene Richtlinien, an die man sich halten muss (siehe Abschnitt Dos und Don’ts), um sich Peinlichkeiten zu ersparen.
Zusammengefasst, bin ich froh, die Gelegenheit bekommen zu haben, das Auslandssemester in Aserbaidschan zu absolvieren. Diese knapp fünf Monate haben mir gezeigt, wie gut wir es in Deutschland letztendlich haben und wie viel Arbeit tatsächlich noch bevorsteht, bevor Entwick-lungsländer wie Aserbaidschan auf dem gleichen Stand wie die westeuropäischen Länder sind.