Ayla van der Vorst in Georgia, Semester Abroad at the Tbilisi State University

Motivation for the phase abroad and decision for the destination country

Nach der Schule war ich ein paar Monate in den Niederlanden und habe Freiwilligendienste gemacht. Das hat mir so gut gefallen, dass ich wieder eine Weile ins Ausland wollte. Während des Bachelors hat es nicht geklappt, aber vom Anfang des Masters an stand fest, dass ich dann im Master ein Auslandssemester machen wollte. Mein Freund studiert mit mir zusammen und war ebenfalls begeistert von der Idee und so suchten wir zusammen nach einem Ziel für das Auslandssemester. Wir haben uns beim International Office erkundigt und auf der International Week umgesehen. Eigentlich wollte ich in ein Land, in dem Englisch die Nationalsprache ist, um mein Englisch weiter zu verbessern, indem ich mich bei diesem Auslandsaufenthalt hauptsächlich mit Muttersprachlern unterhalte. 

Da wir Mathematik studieren, gibt es da nicht so viele passende Partnerunis in dem sprachlichen Raum zur Auswahl. Deshalb haben wir uns auch nach nicht englischsprachigen Ländern umgesehen, in denen wir vom RAC aus Partnerunis haben. Bei der International Week haben wir dann einen Vortrag über Georgien gehört. Diesen haben zwei Studenten aus Georgien gehalten, die bei uns am RAC ein Auslandssemester gemacht haben. Daraufhin haben wir noch weiter im Internet über Georgien und die beiden Partneruniversitäten in Tiflis recherchiert. Was wir hörten und lasen, gefiel uns und so haben wir uns für Georgien entschieden, halb aus praktischen Gründen, halb aus dem Bauch heraus. Die praktischen Gründe waren ein Gesundheitssystem, das ganz gut sein sollte, eine geringe Kriminalitätsrate unddass der Wechselkurs zum Euro (aus Sicht des Euros) sehr gut ist. Aus dem Bauch heraus klang Georgien mit schöner, abwechslungsreicher Natur, gutem Essen, gastfreundlichen Menschen und einer von sehr vielen Kulturen beeinflussten und doch eigenständigen Kultur einfach gut.

Organisation des Auslandsaufenthaltes

Finanzierung

Ich habe mich beim International Office auf ein ERASMUS+ Stipendium für die Gast-Uni für das Semester, in dem ich ins Ausland wollte, beworben und wurde dabei sehr unterstützt. Die Bewerbung war erfolgreich und ich habe das ERASMUS+ Stipendium erhalten. Für die Dauer des Semesters erhielt ich 700€ im Monat. Da ich in einem „Corona-Semester“ gestartet bin, bekam ich einen Großteil des Geldes am Anfang des Semesters auf einmal, nicht wie normalerweise pro Monat. Das erhielt ich, nachdem die „Confirmationof Arrival“ beim ERASMUS-office eingegangen war. Der Grund für diese Regelungen war, dass viele Unis noch immer online-Vorlesungen machen und somit nicht von vorherein sicher war, ob oder wann man in das Gastland einreisen kann/will. Den Rest der Förderung werde ich am Ende der Mobilität erhalten. Diese Förderung deckt die Lebenskosten und die Kosten fürs Studium in Georgien zum aktuellen Zeitpunkt.

Anreisevorbereitungen

Als eine der ersten Vorbereitungen habe ich eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, weil wir einen Nachweis hierüber in der Bewerbung an der Gast-Uni vorlegen mussten. Ich habe die Würzburger Versicherung gewählt. Diese hat eine extra Versicherung für junge Leute, die Work and Travel oder ein Auslandssemester machen. Außerdem habe das Angebot wahrgenommen zu dieser Versicherung eine Auslandshaftpflichtversicherung dazu zu buchen.Außerdem haben mein Freund und ich Untermieter für unsere Wohnung gesucht. Dazu haben wir eine Suchanzeige in der Hochschul-Gruppe auf Facebook gepostet und in WG-Gesucht ein Inserat eingestellt - mit raschem Erfolg. Den Flug haben wir sehr spät gebucht, weil wir aufgrund der Pandemie-Situation nicht absehen konnten, wann wir fliegen können würden und wann nicht. Wir haben bis zwei Wochen vorher damit gewartet, um die Regelungen zum Abflugzeitpunkt möglichst gut absehen zu können. Für die erste Woche haben wir bei der Ankunft am Flughafen ein bisschen Geld gewechselt. Ich habe mich bei meiner Bank informiert, ob ich im Ausland kostenlos Bargeld abheben kann bzw. wie hoch andernfalls die Gebühr wäre und ob und gegen welche Gebühr ich bargeldlos bezahlen könnte. Es hieß, es wäre mit der normalen Bankkarte möglich kostenlos Geld abzuheben, an bestimmten Automaten mit „Vpay“-Zeichen. Ich habe aber festgestellt, dass es „Vpay“ in Georgien nicht gibt. Mit meiner normalen Bankkarte ist es mir überhaupt nicht möglich Bargeld abzuheben und mit meiner Kreditkarte zahle ich für jedes Abheben 5€. Bargeldlos bezahlen kann ich hier gegen eine Gebühr von 1,x Prozent des Betrags mit meiner Kreditkarte. Es ist in Georgien aber häufig nötig Bargeld zu haben. Ein Georgisches Konto habe ich nicht eröffnet, weil es sehr teuer ist, Geld von meinem deutschen Konto auf das georgische Konto zu überweisen. Ich habe nach einiger Zeit aber den Tipp „Transferwise“ bekommen.Mir wurde gesagt, dass man damit Geld online in andere Währungen viel günstiger umwechseln und transferieren kann. Mittlerweilekomme ich aber auch gut so klar, da mein Freund und andere Freunde hier günstiger Bargeld abheben können und ich ihnen den Betrag dann einfach online zurücküberweisen kann. Aber wenn ich mich nochmal auf diese Auslandsreise vorbereiten würde, würde ich: mich vorher mit Transferwise auseinandersetzen, ein georgisches Konto eröffnen und vorher das TAN-Verfahren fürs Online-Banking auf Apps auf dem Handy umstellen, denn SMS im Ausland zu erhalten und ständig die SIM-Karte zu wechseln ist unpraktisch. Ein Visum zu beantragen war nicht nötig. Ein Jahr lang ist es Deutschen erlaubt ohne ein Visum in Georgien bleiben. Ich habe keine speziellen Impfungen für Georgien gemacht.

Unterkunft

Für die ersten 9 Tage haben wir uns einAirbnbgemietet. Eine dauerhafte Wohnung haben wir von Georgien aus über in den Facebook-Gruppen „WG – FlatShareTbilisi“, „Flatshare in Tbilisi“ und „Flatshare&Roommates in Tbilisi“ gesucht und  gefunden.Gewohnt haben wir in einem Guesthouse, wo Pandemie-bedingt Zimmer auch monatlich vermietet wurden. Wir haben dort dauerhaft mit den Vermietern zusammengewohnt – einer georgisch-ukrainischen Familie mit 2 Kindern – und sehr gute Freunde gefunden. Zeitweise haben auch noch andere Mitbewohner dort über einen längeren Zeitraum gewohnt. Ansonsten gingen Gäste ein und aus. Auf die Art habe ich viele verschiedene Menschen kennengelernt. Gezahlt haben wir zusammen 600 GEL für unser Zimmer.

Die Gasthochschule 

Studiert habe ich hier an derTbilisi State University (TSU). Ich erwähnte ja bereits, dass wir bei der Suche nach einer geeigneten Partneruni eigentlich darauf fixiert waren, dort Mathematik studieren zu können. An der TSU gibt es allerdingsgar keinen Studiengang Mathematik. Mich haben aber andere Kurse dort sehr interessiert. Zum Beispiel hatte ich hier die Möglichkeit Russisch, Biologiekurse und zwei Psychologiekurse zu belegen. Russisch wollte ich sowieso bereits lernen und Psychologie hat mich auch sehr interessiert. Außerdem liegt mein Schwerpunkt eher auf Biomathematik, deshalb passen die Biologie- und Psychologie-Kurse sogar zu meinem Studiengang. Ich konnte aber auch ein bisschen freier wählen, weil ich das Auslandssemester in meinem letzten Semester geplant habe und nur noch einen Kurs anerkannt bekommen musste.Die Kurse, die mich interessierten, hatte ich vor der Abreise aus einer Liste von englischsprachigen Kursen ausgewählt, die auf der Website der TSU einzusehen war. Ich hatte allerdings keinerlei weitere Informationen über die Kurse, nur die Titel.Der Orientation Day fand online statt. Dort wurden einige englischsprachige Kurse vorgestellt. Leider jedoch nicht alle, die angeboten wurden. Die Organisation war etwas unübersichtlich. Außerdem fand der Orientation Day leider am Freitag,direkt vor dem Wochenende, statt und am Montag darauf starteten die Kurse schon. Das erschwerte die rechtzeitige Kommunikation mit den Professoren, um sich für Kurse zu entscheiden oder anzumelden und um die Termine für die Vorlesung zu bekommen. Aber man konnte sich bei Fragen zu den vorgestellten oder möglichen weiteren Kursen ans International Office wenden, das einem sehr gut weitergeholfen hat. Es war kein Problem, mich nach dem Orientation Day umzuentscheiden und statt den zuhause gewählten biologischen Kursen Georgisch zu belegen. Ich musste nur das Learning Agreement rechtzeitig anpassen und erneut unterschreiben lassen. Die Kurse wurden das ganze Semester über online gehalten. Es gab einen Tag für die Internationals, an dem wir an die Uni eingeladen wurden, um ein paar Leute aus der Uni kennenzulernen und den Campus kurz zu sehen. In meinen Kursen waren nur International Students, das war aber nicht bei allen englischsprachigen Kursen der Fall. Im Vergleich zu der Organisation am RAC sind an der TSU alle Terminplanungen und Absprachen kurzfristig, aber man wird mehr mit eingebunden.Die Termine stehen zwar fest, aber es ist etwas einfacher und lockerer, wenn man einen guten Grund hat, einen Prüfungstermin (auch nur für sich selber) verschieben zu wollen.

Das Leben im Gastland

In den Supermärkten – auch in weitverbreiteten Ketten wie Spar – gibt es nicht so eine große Auswahl/Vielfalt, wie wir es von Deutschland gewohnt sind. Es gibt aber auch hier ein paar Supermärkte, die mehr Vielfalt aufweisen, z.B. die Kette Carrefour. Das, was ich als „Standard“-Produkte im Supermarkt empfunden habe, ist hier anderes. Z.B. sind für mich fertige Nudelsoße, Tiefkühl-Pizza oder die gemahlenen Nüsse in der Backabteilung sehr normal, hier aber manchmal schwer zu finden. Dafür gibt es hier an jeder Ecke Obst- und Gemüseläden, bei denen man gutes Obst und Gemüse für wenig Geld kaufen kann und oft haben diese Läden auch mehr im Sortiment, wie z.B. Käse, Wein, Bier, Milch, Eier, ein paar Drogerie- und Hygieneartikel und ein paar andere „Basics“, die die Supermärkte hier so haben. Wichtiger Hinweis: Dort kann man oft aber nicht mit Karte zahlen.

Es ist leichter einzukaufen, wenn man sich beim Kochen etwas auf die hiesige Küche einlässt. Die ist hier überwiegend traditionell georgisch. Es gibt in größeren Städten natürlich auch internationale Küche in manchen Restaurants, aber die Auswahl an Pizza und Pasta ist hier deutlich kleiner als in Deutschland. Die georgische Küche finde ich persönlich sehr lecker. Ein Nachteil ist, wie ich finde, dass die Gerichte, die angeboten werden, fast immer die gleichen sind. Man hat nicht so viel Abwechslung, wenn man alles schon mehrmals probiert hat. Vegetarisch zu essen ist hier gut möglich (obwohl die Georgier wirklich sehr gut verstehen, Fleisch zuzubereiten). Sich hier vegan zu ernähren stelle ich mir etwas schwierig vor, weil die Alternativen zu Fleisch häufig Käse enthalten und z.B. die Pflanzenmilch eher teuer und nicht überall zu finden ist und es pflanzlichen Joghurt gar nicht zu kaufen gibt.  Der georgische Lebensrythmus scheint mir in großen Teilen etwas nach hinten verschoben im Vergleich zu Deutschland. Das sagen auch viele Georgier von sich selber. 10:00 Uhr ist z.B. eine gute Zeit für‘s Frühstück und kein Kurs an der Uni hat vor 9:00 gestartet. Dafür gab es im BWL-Bereich Kurse, die erst um 19:00 anfingen. Auch die Kinder sind hier ganz normal schon mal bis spät abends / nachts mit wach.Georgien ist für seine Weinkultur berühmt und das merkt man auch, wenn man hierherkommt! Sehr viele Menschen produzieren hier ihren eigenen Wein oder haben wenigstens ein Familienmitglied / einen Freund, der das tut. Besonders Kakheti ist als Weinregion berühmt und ein Trip dorthin mit einer Übernachtung in einem schönen Gasthaus, das auch Essen und Wein anbietet, lohnt sich schon für das sehr gute Essen und den hausgemachten Wein unbedingt! Aber auch wegen der wunderschönen Gegend und den Möglichkeiten zum Wandern (z.B. zu einem Wasserfall in Lagodekhi).Hunde laufen hier frei herum wie bei uns zuhause die Katzen (Katzen gibt’s aber auch hier jede Menge). Daran gewöhnt man sich aber schnell.Die ältere Generation spricht hier eher Russisch als Englisch, also lohnt es sich zum Einkaufen ein paar Brocken Georgisch zu können. Die jüngere Generation spricht dagegen Englisch.

Fazit

Etwas, was ich hier nicht genau beschreiben kann, ist, warum ich mich in diesem Land einfach wohl fühle und es schön finde – die wilde Natur, die sehr grünen Städte und Dörfer, die Freunde, die ich hier gefunden habe, das gute Essen, das leckere saisonale Obst und Gemüse, das Klima, die auf der  Natürlich gibt es auch in diesem Land schlechte Seiten: Viele Menschen sind unzufrieden mit der Politik, es gibt Reibereien mit Russland, die Gewalt bei Tbilisi Pride, es gibt kein Recycling- und Trennsystem für den Müll, die Straßen können abenteuerlich schlecht sein, und es ist z.B. normal Zimmer und Wohnungen auch mit Schimmel darin zu vermieten.Aber im Großen und Ganzen bin ich sehr glücklich hier und sehr froh, noch etwas mehr Zeit zu haben, bevor ich wieder zurück nach Deutschland fliege. Ich werde auf jeden Fall wieder hierherkommen!