Niklas Ebert at Universidade da Madeira, Funchal/Portugal
Mein Name ist Niklas Ebert, ich bin 22 Jahre alt und habe mein Auslandssemester auf Madeira verbracht. Hier möchte ich von meinen Erfahrungen berichten, um denjenigen die sich für Madeira als Auslandssemester interessieren zu helfen und um sich zu orientieren. Bei meiner Wahl des Auslandssemesters gab es aufgrund der Corona-Pandemie dieses Jahr besondere Beweggründe sich für eine Destination zu entscheiden. Es musste ein “sicheres“ Reiseziel sein, wo die Zahl der Infizierten nicht sehr hoch war und die Einschränkungen im sozialen Leben überschaubar waren, denn sonst macht ein Auslandssemester für mich wenig Sinn, weil man die besonderen Erfahrungen und den interkulturellen Austausch verpasst. Madeira war für diese Zeit wahrscheinlich optimal. Es gab zwar selbstverständlich auch Einschränkungen, wie eine Ausgangssperre ab 19 Uhr unter der Woche und ab 18 Uhr am Wochenende, bis Ende April, oder Begrenzungen was Personenanzahlen angingen, aber wir haben das Beste daraus gemacht und manchmal hatte es sogar Vorteile. Mit der Ausgangssperre war unser Alltag strukturiert, wir konnten den Tag nutzen um Dinge zu erleben und zu unternehmen und abends haben wir in unserer 3er und später 4er WG zusammen gekocht, anschließend gespielt und oder Serien geschaut. Dreimal die Woche hatten wir dann abends noch spät Vorlesungen. Andererseits war es total schön als die Ausgangssperre peu á peu nach hinten verschoben wurde. Wir konnten die Insel beim Sonnenuntergang und in der Nacht bewundern und auch das Nachtleben endlich mal wieder ein bisschen auskosten.
Die Organisation des Auslandsaufenthaltes war recht unkompliziert, man musste die nötigen Unterlagen für ein ERASMUS+ gefördertes Semester einreichen, unter anderem ein Bewerbungsschreiben an Sprachen/Internationales am RAC verfassen. Anschließend wird man an der Gasthochschule nominiert und bekommt nach etwas Zeit Informationen der Gasthochschule. Bei organisatorischen Fragen, Sorgen oder anderen Problemen kann man sich jederzeit an Sprachen/Internationales wenden. Die ERASMUS+ Förderung für das Reiseziel Portugal beträgt 390€ pro Monat. Diese Förderung ist in meinen Augen ein toller Anreiz, sich in das Abenteuer zu stürzen. Bei mir war es so, dass ich mit der Unterkunft, den Unternehmungen, sowie der Verpflegung, ungefähr 600€ bis 700€ pro Monat ausgegeben habe. Ich bin mit zwei weiteren Jungs vom RheinAhrCampus dorthin geflogen, wobei ich einen davon noch nicht vorher kannte.
Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken bezüglich der Unterkunft gemacht und haben uns Informationen und Empfehlungen eines anderen Kommilitonen, den wir kannten und der ein Semester vor uns dort war, eingeholt. Er hat uns dazu geraten, und das können wir im Nachhinein genauso sagen, nicht in die sogenannte “Residence“ (Studentenwohnheim) zu ziehen, sondern sich eine eigene Wohnung zu suchen. Die beiden einzigen Vorteile die sich in der Residence bieten, sind die geringen monatlichen Mietkosten und dass man automatisch viele neue Internationale Leute kennenlernt. Zweiteres jedoch liegt an einem selbst, denn auch wenn man in einer anderen Wohnung lebt, so wie wir, kann man super viel Kontakt zu den anderen Internationalen Studierenden haben, deswegen ist der zweite Vorteil kein richtiger. Im Studentenwohnheim gelten sehr strenge Regeln, gerade während Corona. Man lebt zu dritt in einem kleinen Raum mit einem kleinen Badezimmer. In diesem Raum stehen drei Betten und drei Schreibtische, mehr nicht. Privatsphäre hat man dort, wie man es sich vorstellen kann 0,0. Deswegen haben wir uns für eine eigene Wohnung entschieden.
Über AirBnb haben wir viele gute und teilweise auch recht günstige Wohnungen gefunden, die unseren Ansprüchen gerecht wurden. In unserer ersten Wohnung waren wir etwas Außerhalb des Stadtzentrums und mussten bis dort ca. 40 min laufen, man hätte aber auch alle 10 min. einen Bus nehmen können. Die Wohnung war sehr groß und modern eingerichtet und die Gastgeber waren super nett. Wir hatten 2 große Badezimmer mit 2 Duschen und allem was man sonst so braucht. Dazu hatten wir 2 sehr großzügige Schlafzimmer, einen großen Wohn- und Essbereich, eine schöne Küche und was besonders schön war, einen riesigen Balkon mit Bänken, Stühlen und Meerblick. Außerdem hatten wir einen Bäcker und einen kleinen Supermarkt im selben Gebäude, sowie eine eigene Garage in der Tiefgarage unter dem Haus. Nach 1 1/2 Monaten, mussten wir diese Wohnung verlassen, da dort schon andere vor uns gebucht hatten. Wir sind dann wieder über AirBnb auf eine Wohnung mitten im Zentrum gestoßen, die auch etwas günstiger war als die davor. Die Lage war mehr als optimal, man war mitten im Geschehen, hatte alles was man brauchte direkt um die Ecke und kurze Wege zu den anderen Studierenden. Die Wohnung war von der Aufteilung genauso wie die andere, nur ein wenig kleiner, hatte keinen Balkon und keinen eigenen Stellplatz. Diese Defizite hat die Lage aber komplett wieder wett gemacht und wir haben uns, genauso wie davor, super wohl gefühlt.
Die Gasthochschule war alles in allem solide, aber ein bisschen chaotisch von der Organisation. Das liegt aber wahrscheinlich einfach daran, dass es in den südeuropäischen Ländern nicht so zugeht wie man es aus Deutschland gewohnt ist. Pünktlichkeit wird dort kleingeschrieben und alles ist ziemlich spontan und wenig strukturiert. Das haben wir von Anfang an zu spüren bekommen. Wir haben von der Gasthochschule eher wenige Informationen erhalten bezüglich des Starts des Semesters oder der Kurswahlen. Unsere Kurse mussten wir mehrfach umwählen, da irgendetwas immer nicht geklappt hatte. Letztendlich hatte ich mich dann für 3 Kurse entschieden: 1. Intercultural Communication, 2. Applied English C1 Tourism and Leisure und 3. Portuguese A1. Diese 3 Kurse gaben jeweils 7,5 ECTS Punkte. Intercultural Communication war mit einer sehr engagierten Dozentin, mit ausschließlich neuen Freunden (anderen Auslandsstudierende), mein spannendstes Fach. Dort habe ich viel gelernt und immer viel Spaß gehabt. Die Vorlesungen waren bis Mai alle online und wir haben die online Vorlesungen oft mit den anderen Auslandsstudierenden zusammen geschaut. Ab Mai waren dann hauptsächlich wieder Vorlesungen in Präsenz. Ich hatte mich zudem noch für den portugiesisch Anfängerkurs entschieden, weil ich es spannend finde neue Sprachen zu lernen und es wichtig finde, wenn man 5 Monate in einem anderen Land lebt, die Sprache zu erlernen. Das hat auch gut funktioniert und ich habe mein A1 Level erfolgreich erhalten. Ich habe insgesamt in den 3 Fächern drei Klausuren geschrieben, zwei Vorträge gehalten, eine mündliche Prüfung, eine listening Prüfung gehabt und einen kurzen Essay geschrieben. Das hört sich vielleicht erstmal viel an, es war aber alles sehr gut machbar und man hatte genug Zeit für andere Dinge.
Zu Beginn des Semesters, hat jeder Auslandsstudierende von der Uni, über die ESN (European Student Network) einen “Buddy“ zugeteilt bekommen. Es gab 7 verschiedene und über diese Buddys hat man direkt den Kontakt zu einheimischen gehabt und gleichzeitig die anderen Auslandsstudierenden kennengelernt. Am Anfang gab es jeden Mittwochnachmittag ein sogenanntes Buddymeeting in einer bestimmten Bar. Dort sind alle hingekommen und man hat nett zusammengesessen und dass ein oder andere Getränk zu sich genommen. Bei dem ersten Treffen, haben die Buddys den Aktivitätenkalender für das Semester vorgestellt. Die ESN hat tolle Events organisiert, meistens an den Wochenenden, sodass man jederzeit tolle Dinge mit allen anderen erleben konnte. Man konnte sich für 15€ eine ESN Karte kaufen, mit der man auf diese Events, aber auch auf andere Dinge, wie verschiedene Autovermietungen, Rabatt bekommen hat. Man konnte sich vor jedem Event in der WhatsApp Gruppe dafür anmelden. Wir haben so gut wie alle Events mitgemacht und waren jedes Mal total begeistert. Die Events die wir erlebt haben waren: Canyoning, Coasteering, Paragliding, Paintball, Tauchen, Surfen, Whale- and Dolphin watching, Beerpong Turnier, Gala Dinner. Ich empfehle diese Aktivitäten mitzumachen, weil es so schön ist diese Sachen mit den anderen zu erleben. Natürlich haben wir auch außerhalb der ESN Events tolle Sachen erlebt und organisiert. Die Insel ist bekannt für ihre tollen Wanderungen und davon haben wir so gut wie alle gemacht. Wir hatten uns einige male ein Auto gemietet und haben damit alle Flecken der Insel erkundet. Außerdem habe ich mit ein paar anderen meinen Tauchschein dort gemacht und das war wunderschön und kann ich jedem empfehlen, besonders weil er dort deutlich günstiger zu bekommen ist, als hier bei uns in Deutschland.
Ein anderes Highlight unseres Aufenthaltes, war eine 4-tägige Reise auf die Nachbarinsel Porto Santo. Wir haben diese Reise mit den anderen Auslandsstudierenden selber organisiert und waren eine Gruppe von 26 Personen. Wir sind 2 ½ Stunden mit der Fähre auf die Insel gefahren und haben dort in verschiedenen Apartments, immer zu 4 bis 6 Personen zusammen in einem Apartmentkomplex gewohnt. Die Insel ist für einen Kurztrip der absolute Traum! Die eine Küste ist ein weiter, traumhafter Sandstrand mit kristallklarem, blauem Wasser. Der Strand war direkt vor unserer Haustür. Wir haben uns Fahrräder und Roller geliehen und haben damit alle zusammen die Insel erkundet, waren zusammen in tollen Bars und haben gegrillt. Es waren so schöne Tage und wir haben dort unsere Freundschaften zu einigen nochmals gefestigt.
Auch kulinarisch hat die Insel viel zu bieten. Besonders empfehlenswert sind die Speisen: Espetada (Rindfleischspieß mariniert mit Meersalz, Knoblauch, Salbei, gegrillt über dem offenen Feuer auf einem Lorbeerstock), Espada com Banana (Degenfisch, oft mit gegrillter Banane serviert (Tiefseefisch)), Bolo do caco (eine Art Fladenbrot aus Süßkartoffeln) und die verschiedensten Früchte. Zu trinken sind besonders lecker: Brisa (Maracuja Limonade), Poncha (Nationalgetränk Madeiras, aus Zuckerrohrschnaps, frischen Orangen und Zitronen, sowie Honig), Nikita (mit Alkohol: Eis, Früchten, Milch, Bier, Wein), Coral (Bier von Madeira). Es macht Sinn Gemüse und Obst frisch bei den kleinen Bauernläden im Zentrum Funchals zu kaufen, da es dort in der Regel günstiger ist als im Supermarkt und noch besser schmeckt. Zudem ist der Fischmarkt morgens toll um frischen Fisch zu kaufen und am Wochenende lohnt es sich den Bauernmarkt in der Markthalle zu besuchen. Ansonsten sollte man die Markthalle meiden, wenn man ernsthaftes Interesse hat Obst oder Gemüse einzukaufen, da es dort nur so von Touristenfängern wimmelt, die Zucker in die Früchte mischen, sowie Wucherpreise haben, was man aber erst nach dem Kauf bemerkt (ich spreche aus eigener Erfahrung, 64€ für ca. 8 Früchte).
Im Zentrum von Funchal war das Torneira (ERASMUS Bar). Hier war DER Treffpunkt für alle ERASMUS Studierenden um zusammen zu sein und zu feiern. Hier gab es günstige und gute Getränke (Rabatt auf Getränke mit ESN Karte) und wir hatten einen eigenen Raum im ersten Stock der Bar, nur für uns ERASMUS Leute, wo wir Musik hören konnten und Beerpong gespielt haben. Als die Ausgangssperre nach hinten geschoben wurde, gab es jeden Mittwoch eine ERASMUS night. Dort gab es verschiedene Getränkespecials und jeder war da. Es war immer ein super Abend, bei dem alle viel Spaß hatten. Nach unseren Partys, sind wir immer alle zusammen noch runter ans Meer gegangen und haben dort den Abend bzw. die Nacht ausklingen lassen. 4-mal haben wir uns auch mit 20 Personen ein Segelboot gemietet, für 15€ pro Person und 3 Stunden Party. Dort konnten wir unsere Getränke mitnehmen und sie kühl stellen und hatten eine große Musikbox. Wir sind mit dem Boot beim Sonnenuntergang die Küste entlang gesegelt und haben an einer wunderschönen Bucht gehalten und konnten vom Boot springen und schwimmen.
Alles in allem kann man sagen, dass ich dort die wahrscheinlich beste Zeit meines bisherigen Lebens verbringen durfte und sehr viel gelernt habe. Ich bin selbstständiger geworden, habe mein Englisch enorm verbessern können, eine neue Sprache und Kultur kennenlernen dürfen und vor allem hat mich der interkulturelle Austausch enorm persönlich geprägt und weitergebracht. Ich habe einige neue Freunde gefunden mit denen ich definitiv in Kontakt bleiben werde und teilweise sind es auch echt sehr gute Freunde geworden. Ich werde diese Zeit niemals vergessen und es niemals bereuen. Ich empfehle jedem, diese Chance zu ergreifen, denn es ist einfach ein Traum!