Forschungsprojekt "Effekte von Jugendhilfemaßnahmen"

Forschungsprojekt

Effekte von Jugendhilfemaßnahmen, Weiterführung der KID-Verlaufsstudie

Beschreibung

Das Thema Kinderschutz hat Konjunktur in den Medien. Es sind die öffentlich bekannten Fälle von Verwahrlosung, Gewalt und Missbrauch, an denen sich stets die gleichen Fragen entzünden: Wann schlägt Überforderung in Gewalt um, gibt es frühzeitige Hilfe, soll und kann der Staat die Kinder auch vor ihren Eltern effektiv schützen? Auch wenn das Kindeswohl längst stärker ins Zentrum der Kinder- und Jugendhilfe gerückt ist bleibt die private Verantwortung von Eltern für ihre Kinder ein wesentlicher Pfeiler.

Immer stärker stellt sich die Frage nach der öffentlichen Verantwortung. Welche Möglichkeiten und Verpflichtungen haben die Jugendämter, wenn es um Gesundheit und Wohl von Kindern geht? Das ist die normative und sozialrechtliche Frage, die in der Dissertation „Kinderschutz in öffentlicher Verantwortung. Entscheidungskriterien und Handlungsperspektiven für die kommunale Sozialpolitik“ (Wochenschau Verlag 2008) bearbeitet worden ist.

Im Zentrum der Untersuchung steht damals wie heute das Verhältnis von selbstständigen Facheinrichtungen des Kinderschutzes und den Jugendämtern als ihren Auftraggebern. Diese zwiespältigen Beziehungen bleiben in der öffentlichen Diskussion in der Regel ausgeblendet. Dabei lassen sich gerade an ihnen die institutionellen Schwachstellen des Kinderschutzes analysieren.

Der Zugang zu Jugendhilfekarrieren von Kindern wird durch  frei-gemeinnützige stationäre Einrichtungen hergestellt, wie z. B. das KID in Düsseldorf. Dort werden Kinder mit Verdacht auf Gewaltschädigung vorübergehend aufgenommen, bevor das Jugendamt über weitere Maßnahmen entscheidet. Das KID gibt dazu jeweils fachliche Empfehlungen ab, denen das Jugendamt allerdings nicht folgen muss. In der Dissertation ist die These aufgestellt worden, dass für die Entscheidungen des Jugendamts neben fachlichen Kriterien auch fiskalische Erwägungen eine Rolle spielen und dass sich auch die Auswirkungen neuer Steuerungsmodelle zeigen.

Um diese These erhärten zu können, ist eine äußerst aufwändige Studie durchgeführt worden. Mittels der KID-Verlaufsstudie sind 201 Akten von Kindern quantitativ ausgewertet worden, in denen der Werdegang von gewaltgeschädigten Kindern von 1994 bis 2006 dokumentiert ist. Dazu waren zusätzliche Recherchen bei Jugendämtern sowie weiteren Institutionen notwendig, um Lücken zu füllen und die Biographien der Kinder vergleichbar zu machen.

Neben der JULE- und der JES-Studie (1998 und 2002, beide begleitet vom BMFSFJ) hat die KID Verlaufsstudie die wissenschaftliche Basis für eine seriöse Diskussion um den Kinderschutz verbreitert.

Mit der Weiterführung der KID-Studie können erstmals in Deutschland Kinder mit einschlägigen Jugendhilfekarrieren bis ins Erwachsenenalter begleitet werden, um langfristige Effekte von Hilfen abzubilden. Darüber hinaus kann der Datensatz mit den neu hinzugekommenen Kindern seit 2006 auf über 300 erweitert werden, was den bislang größten Datensatz in diesem Forschungsbereich darstellt (JULE: 284 Jugendamtsakten, JES: 233 Fallverläufe von Kindern in Hilfen). Die Abhängigkeit der öffentlich finanzierten Jugendhilfe von der kommunalen Haushaltslage konnte in der Dissertation aufgezeigt werden. Wie sich in diesem Zusammenhang die Finanzkrise konkret auf die kommunale Verwaltungseinheit „Jugendamt“ und damit auch auf die Werdegänge von Kindern ausgewirkt hat bzw. auswirkt, steht im Erkenntnisinteresse des Forschungsvorhabens.

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