Arbeit muss mehr sein als Beschäftigung

François Biltgen, luxemburgischer Arbeits- und Sozialminister, sprach am RheinAhrCampus Remagen

Der luxemburgische Minister für Arbeit und Soziales, François Biltgen, gemeinsam mit Prof. Dr. Rüdiger Jung sowie Heinz-Wilhelm Schaumann (v.l.n.r.)

Im Rahmen der Vorlesung „Internationale Studien“ am RheinAhrCampus Remagen hatte der Lehrbeauftragte Heinz-Wilhelm Schaumann den Minister für Arbeit und Soziales des Großherzogtums Luxemburg, François Biltgen, als Gastreferenten zum Thema „Soziale Aspekte der Europäischen Union“ eingeladen. Gemeinsam mit Prof. Dr. Rüdiger Jung, Inhaber der Jean-Monnet-Professur, der die europäische und internationale Komponente in den Studienplänen am RheinAhrCampus bereits von Beginn an (1998) verankert hatte, hießen sie den besonderen Gast aus Luxemburg in ihren Grußworten herzlich willkommen.

Gleich zu Beginn seines sehr gut strukturierten Vortrages zu einem Thema mit aktueller Brisanz wies Minister Biltgen darauf hin, das die soziale Komponente in der Geschichte der europäischen Integration zu Beginn eine sehr untergeordnete, ja fast belanglose Rolle gespielt habe. Das soziale Europa sei stets dem wirtschaftlichen Europa hinterhergehinkt. Als erster wesentlicher Meilenstein sei da der Europäische Sozialfonds zu nennen, dessen 50. Jubiläum man in diesem Jahr begehen konnte, und mit dem gezielt einzelne innovative Projekte in Ländern gefördert wurden, um dort einzelne Aspekte der Sozialpolitik zu unterstützen und dauerhaft zu verankern.

Ein einheitliches europäisches Sozialrecht könne und solle es wohl auch nie geben, dafür seien die einzelnen nationalen Sozialsysteme zu unterschiedlich strukturiert und finanziell getragen. Allerdings könne mit der Methode der offenen Koordinierung für die Bürgerinnen und Bürger in Europa ein annähernd gleiches Niveau von sozialer Sicherheit erreicht werden, indem seitens Europa Zielvorgaben gemacht würden, die aber auf unterschiedlicher Art und Weise in den Mitgliedsstaaten national erreicht werden könnten. Der Minister betonte allerdings, dass das Setzen von Mindeststandards nicht dazu führen dürfe, dass in Mitgliedsstaaten mit sehr hohen sozialen Standards diese verschlechtert werden könnten.

Ein einheitliches Sozialmodell für Europa müsse nach Biltgen getragen werden von Solidarität, einem ausgeprägten Sozialdialog mit starken Sozialpartnern und der Erkenntnis, dass Arbeit mehr ist, als bloße Beschäftigung.

François Biltgen sprach sich zudem für einen Mindestlohn in Europa aus, der sicherlich nicht überall einheitlich sein könne, aber dennoch wichtig sei, die Menschen in vielen Bereichen ihres Lebens abzusichern. Für Staunen sorgte dabei im Auditorium die Anmerkung des Ministers, dass es in Luxemburg einen einheitlichen Mindestlohn von 1.570 Euro monatlich gäbe.

Für einen wesentlichen Bestandteil einer präventiven Sozialpolitik hielt François Biltgen, der auch Minister für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Forschung ist, eine gute und qualifizierte Ausbildung von jungen Menschen. So wie Luxemburg im kleineren werde Europa sich im größeren Rahmen zu einem überwiegenden Dienstleistungsmarkt entwickeln. Daher seien gut qualifizierte Arbeitskräfte gefragt.

Mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis untermauerte der Minister seinen engagierten Vortrag und stand im Anschluss den interessierten Fragen der Studierenden und externen Gasthörer zur Verfügung.

Im Anschluss an den Vortrag fanden noch Gespräche mit dem Dekan des Fachbereichs Betriebs- und Sozialwirtschaft, Prof. Dr. Thomas Mühlencoert, statt.