Vom Kfz-Mechaniker zum Ingenieur

Modellversuch ebnet beruflich Qualifizierten den direkten Weg an die Fachhochschule Koblenz – Mathematikkurs frischt Schulstoff auf

In wenigen Tagen beginnen sie mit über 900 anderen jungen Frauen und Männern ihr Studium an der Fachhochschule Koblenz. Doch etwas unterscheidet die dreizehn Männer und eine Frau von den meisten ihrer Kommilitonen: Sie starten unmittelbar nach einer Berufsausbildung - ohne weitere Berufserfahrung und ohne formale Hochschulreife - in den neuen Lebensabschnitt. In einem Modellversuch des Landes Rheinland-Pfalz wollen sie unter Beweis stellen, dass sie als sog. „beruflich Qualifizierte“ auch ohne die bisher geforderte zusätzliche zweijährige Berufserfahrung ihr Studium an der Fachhochschule meistern können. Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer in Koblenz unterstützen dieses Modellprojekt, das zu mehr Durchlässigkeit zwischen den Systemen beruflicher und akademischer Bildung führen soll. Dabei gelten die Sonderrechte nur für die Hochschulzugangsberechtigung. „Im Studium müssen die beruflich Qualifizierten das selbe Pensum bewältigen, wie ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen“, erläutert FH-Vizepräsident Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Bogacki mit Blick auf den weiteren Studienverlauf.

Sie kommen aus so unterschiedlichen Berufen wie Straßenbauer, Steinmetz, Bauzeichner, Mechatroniker, Kfz-Mechaniker, Energielektroniker oder Kaufmann im Groß- und Außenhandel und wollen Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Mechatronik, Elektrotechnik oder Informationstechnik studieren. Die meisten von ihnen vermuten, dass Mathematik und Physik die größten Hürden auf dem Weg zu einem erfolgreichen Bachelor-Abschluss sein werden. Deshalb stehen vor Studienbeginn Prozentrechnung, Dreisatz und quadratische Gleichungen auf dem Stundenplan. Mit einem speziellen Mathe-Vorkurs will die Fachhochschule Koblenz den angehenden Ingenieuren den Übergang ins Studium ein wenig erleichtern. In knapp 30 Unterrichtsstunden vermittelt Dipl.-Ing. (FH) Claudia Reime wichtige mathematische Grundlagen. „Neben dem notwendigen Handwerkszeug sind aber speziell für diesen Personenkreis Fleiß, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen wichtig, damit das Studium gelingen kann“, betont die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Bauwesen.

Angelina Stockemer, Bauzeichnerin aus Neuwied und die einzige Frau im Kurs, ist froh über die Möglichkeit, ihre Mathe-Kenntnisse aufzufrischen. Den entscheidenden Tipp für die Studienmöglichkeit ohne Abitur bekam sie bei einer gemeinsamen Info-Veranstaltung von IHK, HWK und FH Koblenz im Frühjahr.

Max Hoeren aus Vallendar hatte nach seinem Realschulabschluss zunächst „keine Lust mehr auf Schule“. Erst im Laufe seiner Ausbildung zum Mechatroniker und der vielfältigen praktischen Erfahrungen trat bei ihm ein Sinneswandel ein. Ihn wies sein Chef auf das Studium für beruflich Qualifizierte hin.

Für Christian Paul aus Hattert stand bereits zu Beginn seiner Ausbildung als Technischer Zeichner fest, dass er sich im Anschluss weiter qualifizieren möchte. Der Modellversuch hat ihm die Entscheidung für ein Maschinenbaustudium erleichtert.

Für Dejan Stankovic stellt die Möglichkeit, schneller als auf den sonst üblichen Wegen zum Hochschulabschluss zu kommen, eine besondere Motivation dar. Mit einem Bachelor-Studium in Bauingenieurwesen eröffnen sich für den Steinmetz aus Asbach neue berufliche Perspektiven.

Sollte sich jemand noch kurzfristig für die Teilnahme an dem Modellversuch interessieren, ist Spontanität gefordert: Bis Anfang Oktober sind an der Fachhochschule Koblenz noch Anmeldungen für das Wintersemester möglich. Fortsetzung im Sommersemester folgt.

 

Dipl.-Ing. (FH) Claudia Reime (stehend) hilft den „Studierenden in spe“ dabei, ihre Mathematikkenntnisse aufzufrischen.