Serie "Starke Frauen an der Hochschule Koblenz" - Heute: Die Kanzlerin

Wissenschaft gilt oft noch immer als Männerdomäne – und so sind Frauen in den Führungspositionen der größten Universitäten und Fachhochschulen vielerorts nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. An der Hochschule Koblenz beginnt diese Entwicklung in den letzten Jahren aufzubrechen. Der Frauenanteil steigt langsam, aber kontinuierlich, und immer mehr Frauen übernehmen Führungspositionen – sei es in der Forschung, Lehre oder Verwaltung. Grund genug, diese Frauen in einer kleinen Serie vorzustellen.

  • Dr. Fabienne Köller-Marek, Kanzlerin der Hochschule Koblenz

Seit Oktober 2020 ist Dr. Fabienne Köller-Marek Kanzlerin der Hochschule Koblenz und damit Herrin über den Haushalt der Bildungseinrichtung und die Verwendung und Verteilung von Mitteln. Darüber hinaus sind ihre Aufgaben vielfältig: Sie fungiert als Dienstvorgesetzte für das nichtwissenschaftliche Personal, ist zuständig für die Rechtsangelegenheiten, die von Kooperationsverträgen über Prüfungsrecht bis hin zu haushalterischen Rechtsfragen reichen. Und ganz aktuell bestimmt auch Corona ihren Arbeitsalltag enorm. Köller-Marek kümmert sich um die Planung und Organisation der aus Sicht der Pandemiebekämpfung notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung des Hochschulbetriebs. Langeweile kommt da nicht auf, ganz im Gegenteil.

Unabhängig vom Geschlecht den eigenen Weg finden

„Ich habe keinen stringenten Werdegang in Richtung Leitung einer Hochschule, sondern habe in den letzten 15 Jahren beruflich gewechselt zwischen Wissenschaft und Verwaltung“, erzählt die Mutter eines 7-jährigen Jungen im Gespräch. Sie begann ganz klassisch als Rechtsanwältin, wechselte dann aufgrund ihrer Vorliebe für die Wissenschaft ins Forschungszentrum Jülich, von dort in die Forschungspolitik und danach zurück in den wissenschaftlichen Bereich in die Professur an der Technischen Hochschule in Bochum. „Dort habe ich mich im Hochschulalltag immer stärker für Hochschulverwaltung begeistert und mich dann als Kanzlerin hier beworben, um eine Hochschule nicht nur von innen, sondern aus der Leitungsperspektive kennen zu lernen“, betont sie. Die klassische Wissenschaft sei in den meisten Bereichen schon eher männerdominiert. Aber: Es gebe in allen Ebenen auch genügend Räume für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftsmanagerinnen, Leiterinnen von Verwaltungsabteilungen sowie Mitarbeiterinnen, die Interesse und Freude daran haben, in diesem Bereich zu arbeiten. Gerade der Verwaltungsbereich von Wissenschaftseinrichtungen biete ausgezeichnete Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Corona-Pandemie als Herausforderung und Chance gleichermaßen

Eine der größten Herausforderungen wartete gleich zu Beginn ihrer Amtszeit auf die Kanzlerin: die Corona-Pandemie. Schutzmaßnahmen etablieren, Hygienekonzepte erstellen – und gleichzeitig eine sich ständig ändernde Rechtslage berücksichtigen, die auf die betrieblichen Abläufe der Hochschule angepasst werden musste und immer noch muss. Natürlich gehen damit auch viele arbeits- und dienstrechtliche Themen einher: „Ganz aktuell beschäftigen wir uns mit der Frage, wie es nach der Pandemie mit dem Mobilen Arbeiten weitergehen wird. Oder aber mit den Themen Testungen und Impfungen unserer Studierenden und Beschäftigten.“ Auch im privaten Umfeld ist seit Corona vieles anders. Statt Stand-Up-Paddeling und Tennis stand in den vergangenen Monaten für Fabienne Köller-Marek und ihre Familie vor allem Wandern und Spazierengehen auf dem Programm. Ungewohnt für die sonst so aktive 45-jährige: „Vor der Pandemie haben wir als Familie auch sehr viel Zeit mit Freunden verbracht. Das haben wir seit letztem Jahr durch Zoom-Abende ersetzt, in denen wir uns bei einem Gläschen Wein unterhalten und die gemeinsame Zeit genießen.“

Beruf und Familie unter einen Hut bringen

Ihre Familie hat für Fabienne Köller-Marek einen sehr hohen Stellenwert. Das mit ihrer exponierten Arbeitsstelle unter einen Hut zu bringen, fällt nicht immer leicht. Ihr Sohn kommt im Sommer in die Schule, ihr Mann arbeitet ebenfalls Vollzeit, sie selbst pendelt zwischen der alten Heimat in Nordrhein-Westfalen und Koblenz. „Da muss man gut planen und sich innerhalb der Familie sehr gut absprechen, wer welche Aufgaben übernimmt. Es müssen zwingend alle mitmachen!“, weiß sie. Und selbst dann funktioniere es noch lange nicht immer: Wenn ein Faktor nicht mehr dem Plan entspricht, kann es sein, dass das gesamte Konstrukt zusammenfällt. Und da müsse man dann auch mal großzügig mit sich selbst sein und einfach anerkennen, dass man nicht alle Ansprüche vollumfänglich bedienen kann. Und das sei mitunter sehr hart. „Es sind vor allem die Ansprüche an sich selbst, mit denen man dann kämpft“, sagt sie. Ihrem Mann gehe es aber genauso, die beiden teilen sich schon immer alle Pflichten zur Hälfte. „Durch meine Position als Kanzlerin kann ich oft auch nicht absehen, wann ich Feierabend machen kann. Ich versuche aber, mir trotzdem Zeit für die Familie zu nehmen. Aber das machen Väter auch, das macht mein Mann genauso!“, erzählt Köller-Marek. Als Frau benachteiligt gefühlt habe sie sich in ihrem privaten und beruflichen Werdegang nie, auch nicht als Mutter. „Selbst als ich ein Kind bekommen habe, habe ich mich einfach neu organisiert mit der Professur, die ermöglicht hat, dass ich trotz Kind im Job volle Leistung bringen und dennoch ganz viel für mein Kind und die Familie da sein konnte“, betont sie. Da habe es keine Rolle gespielt, dass sie eine Frau und kein Mann sei. „Ich sehe mich auch nicht als Quotenfrau, sondern bin heute hier, weil ich mit meinem Wissen, meiner Erfahrung und meiner Motivation überzeugen konnte. Und genau das ist eben auch mein eigener Anspruch.“

Frauen an der Hochschule Koblenz unterstützen

An der Hochschule Koblenz möchte die neue Kanzlerin Teil einer Veränderung sein, die Hochschule noch moderner aufstellen und den Schwung, den unter anderem die Pandemie in der Digitalisierung gebracht hat, auch künftig in den Hochschulalltag tragen. Veränderte Konzepte in der Lehre, wie auch in der Verwaltung, sollen dafür sorgen, noch effizienter und kundenfreundlicher zu werden. „Es ist mein Ziel, dass Verwaltung und Wissenschaft den jeweiligen Mehrwert in einer engeren Zusammenarbeit erkennen und noch stärker zusammenrücken. Dazu gehört auch, mittel- bis längerfristig ein gesundes Verhältnis zwischen Dezentralität und Zentralität zu schaffen“, betont Köller-Marek. Zu viel Zentralität nehme Flexibilität und Individualität, gleichzeitig könne man aber durch zu dezentrale Strukturen zu wenig Synergien schaffen. Gerade in der Verwaltung und in den Abteilungsleitungen arbeiten an den drei Standorten der Hochschule mittlerweile sogar mehr Frauen als Männer, auch intern sind die Abteilungen überwiegend mit Frauen besetzt. Netzwerken hält Fabienne Köller-Marek hier für unglaublich wichtig. Daher hat sie sowohl für die Professorinnen als auch für weibliche Beschäftigte ein gemeinsames (virtuelles) Kaffeetrinken ins Leben gerufen, das alle zwei Monate stattfindet und sehr gut angenommen wird. Das Ziel: Die Wissenschaftlerinnen zu motivieren und zu unterstützen, Leitungspositionen zu übernehmen. „Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die derzeit noch sehr männerdominierte Besetzung der Dekanate in den nächsten Wahlperioden ändern wird“, sagt die Kanzlerin, „es gibt da auf jeden Fall ein Grundinteresse bei den Wissenschaftlerinnen, aber eben auch bestimmte Hemmnisse und Vorbehalte, die vielleicht bei genauem Hinsehen gar nicht tatsächlich, sondern hauptsächlich in den Köpfen der Kolleginnen bestehen.“ Ihre frühere Tätigkeit als Professorin helfe ihr dabei, die Interessen und Sichtweisen der Kolleginnen gut nachvollziehen zu können. Auch dabei, in ihrer Rolle als Kanzlerin persönlich noch weiterzuwachsen.

Auf das eigene Können bauen

Was Fabienne Köller-Marek anderen Frauen mit auf den Weg geben möchte, die eine Führungsposition anstreben und vielleicht noch mit der Entscheidung hadern? „Wichtig sind: Mut und der feste Glaube daran, dass man alles schaffen kann. Das Nichtzurückschrecken vor Herausforderungen. Manchmal hilft es, einfach mal zu machen, anstatt zu zögern und zu hadern und sich selbst in Frage zu stellen. Kann ich Kanzlerin? Habe ich mir nie überlegt, sondern probiere es einfach aus. Eigentlich kann man ganz schön viel, wenn man nicht so viel drüber nachdenkt“, berichtet sie. Auf das eigene Können zu bauen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, andererseits aber auch immer wieder Unterstützung zu erfragen und zuzulassen, das sei wichtig. Unterstützen können dabei auch Mentorinnen oder Mentoren, die reflektieren, beraten und stärken. Ihr selbst habe es geholfen, nicht in der Geschlechterrolle verhaftet zu sein: „Das hätte mich nur limitiert. Grundsätzlich kann jede und jeder alles erreichen!“

Das Interview im Original-Wortlaut mit einem kurzen Video findet sich auf www.hs-koblenz.de/starke-frauen, wo wir auch die nachfolgenden Porträts einstellen werden.